Die deutsche Kunststoffindustrie steht unter Druck. Hohe Kosten, schwache Nachfrage und steigender Wettbewerbsdruck belasten die Unternehmen, wie Plastics Europe Deutschland, der Verband der Kunststofferzeuger, auf seiner Wirtschaftspressekonferenz bekannt gab. Zusätzlich zu den dringend gebotenen Investitionen beispielsweise in eine wettbewerbsfähige und erneuerbare Energieversorgung könnten aber auch einfache Massnahmen die Branche entlasten.
2024 stieg die Kunststoffproduktion in Deutschland zwar um drei Prozent, das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2021 wurde allerdings weiterhin klar untertroffen. Aufgrund rückläufiger Erzeugerpreise sank der Branchenumsatz von 27,5 Milliarden auf 26,7 Milliarden Euro, das ist ein Rückgang um 3 Prozent. Die Exporte gingen um 0,8 Prozent zurück, während die Importe um 4,9 Prozent sanken. Insbesondere die Auftragseingänge in Deutschland fielen schwach aus, während die Bestellungen aus dem Ausland leicht zunahmen.
Ausblick 2025: Keine schnelle Erholung erwartet
Während die Weltwirtschaft moderat wachsen dürfte, bleibt die Lage in Deutschland angespannt. „Für das Jahr 2025 erwarten wir ein globales Wachstum der Weltwirtschaft von rund 3 % – begünstigt durch geldpolitische Lockerungen, gestiegene Reallöhne sowie neue Möglichkeiten durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz. Global steigt also der Wohlstand und damit auch Konsum, Investitionen und die Nachfrage nach Kunststoffen“, erklärt Dr. Ralf Düssel, Vorstandsvorsitzender des Verbands.
Wachstumsimpulse kommen derzeit vor allem aus China, Indien und vereinzelt aus den USA – jedoch nicht aus Europa. Immerhin ermöglicht dies den international aufgestellten Kunststofferzeugern aus Deutschland, die Schwäche des Heimatmarktes teilweise zu kompensieren.
„Noch sehen wir für 2025 keine Anzeichen für einen klaren Aufwärtstrend – die deutsche Industrieproduktion verharrt in einer Seitwärtsbewegung. Verschiedene Konjunkturindikatoren, wie der ifo-Geschäftsklimaindex, haben sich zuletzt zwar auf niedrigem Niveau stabilisiert, die Nachfrage nach Kunststoffen bleibt aber voraussichtlich schwach“, so Düssel weiter.
Auch in wichtigen Kundenindustrien, wie beispielsweise der Automobilindustrie oder dem Bau, sind Stand heute kaum positive Impulse zu erwarten. „Wir erwarten, Stand heute, einen Rückgang der Produktion von Kunststoffen in Primärformen von etwa -0,5% im Vergleich zum Vorjahr“, schätzt Düssel. „Investitionen in wettbewerbsfähige Energiepreise, den Ausbau der erneuerbaren Energieträger und Investitionsanreize sind unverzichtbare Hebel, um die Wirtschaft insgesamt und die Kunststoffindustrie wieder in Schwung zu bringen“, ist Düssel überzeugt.
Günstige Voraussetzungen für Forschung und Entwicklung
„Deutschland bietet noch ideale Bedingungen für Forschung und Entwicklung“, erklärt Düssel. „Eine gut vernetzte Wertschöpfungskette, kurze Lieferwege und die enge Anbindung an Universitäten sind ein Trumpf, der den Unternehmen in Deutschland und Europa in die Karten spielt. Doch die Bedeutung der Kunststoffindustrie muss auch politisch erkannt werden, sowohl in Deutschland als auch beispielsweise im Europäischen Clean Industrial Deal.“
Nicht alle Massnahmen sind teuer
Dr. Christine Bunte, Hauptgeschäftsführerin von Plastics Europe Deutschland, ergänzt, dass bereits einfache Massnahmen die deutsche Industrie entlasten und die Transformation zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft unterstützen können. Es gelte, die EU-Vorgaben in Zukunft 1:1 umzusetzen, ohne nationale Sonderregeln zu schaffen, Bürokratie und Berichtspflichten effizienter zu gestalten, und Planungsverfahren beispielsweise durch Fortsetzung des „Deutschlandpakts“ zu beschleunigen. Klare Einsatzziele für Rezyklate und Biomasse auf EU-Ebene könnten zudem die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen stärken und die Kreislaufwirtschaft vorantreiben. Deutschland müsse auch wieder stärker in Europa gestalten. Bunte fordert: „Der Begriff ‚German Vote‘ darf in Brüssel nicht länger für eine Enthaltung stehen, sondern für eine Politik, die konsequent Transformation und Wettbewerbsfähigkeit vereint.“
www.plasticseurope.org