Automobilhersteller, Aufsichtsbehörden, Kapitalmarkt und Wettbewerber setzen Zulieferunternehmen zunehmend unter Druck, ihren CO2-Fussabdruck zu reduzieren. Umgekehrt können Zulieferer mit einer nachhaltigen Fertigung Geld sparen, die Vorgaben der Hersteller erfllen und langsameren Konkurrenten Marktanteile abnehmen.
Emissionsneutralen Fahrzeugen gehört die Zukunft. Doch die Umstellung auf CO2-freie Antriebe und eine klimaneutrale Produktion stellt Autohersteller sowie deren Zulieferer vor enorme Herausforderungen. Welche Chancen sich durch eine rasche Dekarbonisierung speziell für Zuliefererunternehmen ergeben, hat die internationale Unternehmensberatung Bain & Company mit Blick auf Kundschaft, Kosten sowie den Wettbewerb analysiert.
„Klimaneutralität wird zunehmend zu einem Kernelement des Geschäftsmodells der Zulieferer“, betont Bain-Partner Markus Bürgin, der die Praxisgruppe Automobilzulieferer in der EMEA-Region leitet. „Je schneller Unternehmen eine entsprechende Strategie entwickeln und umsetzen, desto eher erlangen sie einen Wettbewerbsvorteil und können Marktanteile gewinnen.“
Insbesondere durch die Vorgaben der Automobilhersteller gerät die Zulieferbranche in Zugzwang. Denn diese wollen längst nicht mehr nur ihre direkt beeinflussbaren Emissionen auf null reduzieren, sondern auch diejenigen, die innerhalb der Lieferkette und bei der Nutzung ihrer Produkte entstehen. Das funktioniert jedoch nur, wenn auch die Zulieferer emissionsfrei arbeiten. Einige Unternehmen reagieren bereits und setzen sich klare Ziele für Klimaneutralität. „Kunden, Wettbewerber und Kapitalmarkt sowie die steigenden Preise für CO2-Zertifikate lassen Automobilzulieferern keine Wahl“, stellt Bürgin fest. „Sie müssen sowohl ihre Fertigung als auch ihre Produkte mit Hochdruck an die neuen Erfordernisse anpassen.“
Mit grüner Energie die Bilanz verbessern
Mit dem Wechsel hin zu einer nachhaltigen Produktion können Zulieferunternehmen ihre direkten Emissionen deutlich senken und damit ihre CO2-Bilanz verbessern. Dafür sind drei Faktoren ausschlaggebend: die Steigerung der Energieeffizienz, die Umstellung auf regenerative Energiequellen sowie die Kompensation unvermeidbarer Emissionen. Allein Energie vollständig aus regenerativen Quellen zu beziehen und Solar-, Wind- sowie Biomassestrom in eigenen Anlagen zu erzeugen, kann beispielsweise die CO2-Emissionen je nach Ausgangslage und Standort um 40 bis 50 Prozent verringern.
Zudem ist vielerorts das Potenzial eines optimierten Energieeinsatzes noch nicht ausgereizt. Ansatzpunkte gibt es bei einer strikt nachfragebasierten Anlagesteuerung ebenso wie bei einer optimierten Klimatisierung und einer konsequenten Rückgewinnung der genutzten Energie. „Binnen drei bis fünf Jahren können die Automobilzulieferer ihre direkten Emissionen drastisch reduzieren“, ist sich Dominik Foucar, Associate Partner bei Bain und verantwortlich für die Praxisgruppe Automobilzulieferer in der DACH-Region, sicher. „Wenn sie den Rest kompensieren, wirtschaften sie bereits ab der zweiten Hälfte dieser Dekade klimaneutral.“
Klare Kostenvorteile durch Dekarbonisierung
Noch scheuen viele Zulieferer den mit einer Umstellung der Fertigung verbundenen Aufwand. „Dabei können sie bis zur Hälfte der Emissionen über Dekarbonisierungsprojekte mit einem positiven Return on Investment einsparen“, weiss Branchenexperte Foucar. Das gelte vor allem für Initiativen zur Steigerung der Energieeffizienz, teilweise aber auch für den Umstieg auf grünen Strom. „Eine strategisch angelegte Dekarbonisierung bringt klare Kostenvorteile“, so Foucar.
Bain-Partner Bürgin weist auf weitere positive Aspekte einer zügigen Dekarbonisierung hin: „Autozulieferer sparen mit einer nachhaltigen Fertigung Geld, erfüllen die Vorgaben der Hersteller und haben die Chance, langsamer agierenden Konkurrenten Marktanteile abzunehmen.“ Zügiges Handeln zahle sich daher aus. Im Rahmen von nur drei Monaten könnten Zulieferunternehmen eine Klimaneutralitätsstrategie samt Roadmap zur Umsetzung entwickeln. „Wer die Dekarbonisierung zu spät angeht“, fügt er hinzu, „den bestraft der Wettbewerb.“