Die Fachzeitschrift für
Werkstoffe – Verarbeitung – Anwendung

Schiff ahoi für das DS Greif

Die units OST AG unterstützte mit einem Reverse Engineering die Dampfmaschinen-Sanierung der «DS Greif», dem ältesten Dampfschiff der Schweiz im öffentlichen Verkehr.
DS Greif
Das Beispiel des DS Greif zeigt, wie Hightech alte Ingenieurskunst unterstütz. (Bilder units)

Die units OST AG unterstützte mit einem Reverse Engineering die Dampfmaschinen-Sanierung der «DS Greif», dem ältesten Dampfschiff der Schweiz im öffentlichen Verkehr.

Autorin: Cécile Alge, Journalistin, Oberriet

Es war ein besonderer Auftrag, mit dem die Firma units OST AG kürzlich betraut wurde. Sie wurde angefragt, ob sie bei der Dampfmaschinen-Sanierung vom «Greif», dem ältesten und einzigen mit Kohle befeuerten Dampfschiff der Schweiz, mitwirken könnte. Die Fachleute von units waren sehr erfreut darüber. Denn die Gelegenheit, alte Ingenieurskunst mit High Tech zu unterstützen, bietet sich nicht alle Tage.

In einer Woche fixfertige 3D-CAD-Daten

Das Dampfschiff «Greif» wurde im Jahre 1895 erbaut und nach einer bewegten Geschichte im Jahre 1988 nach Originalplänen saniert. Das ist mittlerweile auch schon wieder 33 Jahre her, in denen der Zahn der Zeit an der Maschine nagte. Deshalb wurde im letzten Jahr deren Totalrevision in Angriff genommen, für die die Firma Langhans Innotec GmbH aus Güttingen verantwortlich zeichnete. Diese zog dabei das technologieübergreifende Know-how des Auer Unternehmens units OST AG hinzu, das als führendes Unternehmen im Bereich Simulation, Engineering und industrieller Messtechnik Lösungen aus einer Hand anbietet.

Dank der präzisen Datenerhebung von units OST AG konnten verschiedene Bauteile der Dampfmaschine saniert werden.

Für die Erneuerung wurde die 450 kg schwere Maschine aus dem Dampfschiff ausgebaut und in sämtliche Einzelteile zerlegt. «Wir wurden damit beauftragt, vor Ort systemrelevante Bauteile wie etwa Schieberstange-Flachschieber, ND-Pleuel-Unterlagbleche, Ventil-Kueken-Regler, Excenterstangen Flachschieber und Pleuel zu digitalisieren und einem Reverse Engineering zu unterziehen», erklärt Christian Widmer von der Abteilung Engineering bei units OST AG. «Mit diesem Verfahren konnten wir fixfertige 3D-CAD-Daten im Format STEP erheben. Die Revisions-Verantwortlichen wiederum konnten daraus wichtige Dokumente generieren und bei der CNC Fertigung neue Bauteile erstellen oder die bestehenden nachbearbeiten lassen.»

units wendete ein Streifenprojektionsverfahren an, bei dem das Stereokamerasystem in kurzer Zeit die Oberfläche des Objektes erfassen kann. Pro Aufnahme können bis zu 500’000 Messpunkte generiert werden.
Der Pleuel der «Greif»-Dampfmaschine beispielsweise wurde mit 27 Aufnahmen von verschiedenen Seiten in einer Genauigkeit von 0,01 mm digitalisiert.
Im 3D-CAD wurde der Pleuel danach rekonstruiert. Diese Daten sind stets parametrisch aufgebaut, sodass jederzeit Massanpassungen vorgenommen werden können.
Wie immer erhielt der Kunde auch einen Ist-Ist-Vergleich mitgeliefert. Darin werden die CAD-Daten (Reverse Engineering) jeweils mit den digitalisierten Daten verglichen. Auf diese Weise kann units die Genauigkeit der Rekonstruktion veranschaulichen und belegen.

Top-Service und präzise Datenerhebung

René Langhans von der Langhans Innotec GmbH ist von der Zusammenarbeit mit units und den Möglichkeiten des Reverse Engineering begeistert. «Wir mussten in einem engen Zeitfenster arbeiten und waren sehr froh, dass sich die units-Fachleute so flexibel anpassen und diese genauen Daten innert einer Woche liefern konnten.»

Sehr hilfreich sei auch der Ist-Ist-Vergleich, den units zusätzlich zu den Werten erstellt habe. Diesem könne man verlässlich entnehmen, dass die Daten in der geforderten Toleranz nachgebaut sind. «Alles in allem hat uns der Top-Service und die präzise Datenerhebung von units einen grossen Schritt weitergebracht. Das war ein wichtiges Puzzleteil zur erfolgreichen Umsetzung von unserem Maschinenrevisions-Projekt», schliesst René Langhans.

Fakten zum Dampfschiff

Das «DS Greif» wurde im Jahr 1895 bei Escher Wyss in Zürich in gebaut und ging am 12. Oktober desselben Jahres im Greifensee auf Jungfernfahrt. Das 13,3 Meter lange, 3,2 Meter breite und 9 Tonnen schwere Schiff ist das älteste im öffentlichen Verkehr eingesetzte Dampfschiff der Schweiz und hat eine bewegte Geschichte. Weil im Verlauf des ersten Weltkrieg Kohle zum Befeuern knapp wurde, musste 1914 der Dampfbetrieb eingestellt werden. Die «Greif» wurde zum Motorschiff umgebaut. Und noch später – als man per Zufall die Original-Dampfmaschine des «Greifs» wieder fand – wurde diese nach England zur Revision verschickt. Der Schiffsrumpf wurde in der Werft Faul AG in Horgen restauriert und in seinen Originalzustand zurückgebaut. Am 3. September 1988 wurde das Dampfschiff nach drei Versuchsfahrten im Zürichsee wieder auf den Greifensee gebracht, wo die zweite Jungfernfahrt stattfand. Seither ist das «DS Greif», in der Schweiz das älteste und einzige mit Kohle befeuerte Dampfschiff mit Schraubenantrieb, wieder als beliebte Attraktion auf Rund-, Abend- oder Charterfahrten im Einsatz. Nachdem die Dampfmaschine generalüberholt- und technisch aufgewertet wurde, konnte diese am 13. April 21 wieder in den Schiffsrumpf eingebaut werden. Auch die Test- und Schulungsfahrten sind mittlerweile abgeschlossen. Nun heisst es per sofort wieder Schiff ahoi! 

www.dampfschiff-greif.ch

https://www.units.ch/

Das könnte Sie auch interessieren:

Newsletter abonnieren