Die Fachzeitschrift für
Werkstoffe – Verarbeitung – Anwendung

Methoden zur Bestimmung des Wertes von Daten

Die Nutzung von Daten für neuartige Services hat für produzierende Unternehmen grosse strategische Bedeutung. Für die Bereitstellung und Verarbeitung von Daten müssen die Unternehmen aber hohe Investitionen tätigen, oft ohne von vornherein zu wissen, ob sich daraus am Ende genügend Wert ergeben wird. In diesem Artikel zeigen wir auf, wie produzierende KMU den Wert ihrer Daten bestimmen.
Dr. Jürg Meierhofer
Dr. Jürg Meierhofer (Bilder: ZHAW)

Die Nutzung von Daten für neuartige Services hat für produzierende Unternehmen grosse strategische Bedeutung. Für die Bereitstellung und Verarbeitung von Daten müssen die Unternehmen aber hohe Investitionen tätigen, oft ohne von vornherein zu wissen, ob sich daraus am Ende genügend Wert ergeben wird. In diesem Artikel zeigen wir auf, wie produzierende KMU den Wert ihrer Daten bestimmen.

Von Jürg Meierhofer, Dr. sc. techn. ETH,Executive MBA iimt, ZHAW IDP, Winterthur

Die Bereitstellung Daten-getriebener Services (auch «smart Services» genannt) wird zu einem wichtigen Differenzierungsmerkmal für produzierende Unternehmen, insbesondere für KMU. Dazu gehören zum Beispiel Services wie vorausschauende Wartung, Leistungsoptimierung, Qualitätskontrolle, Prozessüberwachung oder optimierte Logistik und Planung.

In industriellen Umgebungen werden Daten in der Regel zur Entscheidungsfindung oder Entscheidungsunterstützung verwendet. Erfolgt eine Entscheidungsfindung Daten-basiert, können die Konsequenzen der Entscheide besser vorhergesehen werden. Der Entscheidungsprozess läuft dabei in drei Schritten ab:

  1. Formulierung verschiedener Szenarien und Optionen. Beispiel: eine Produktionsanlage mit abnehmender Leistungsfähigkeit bis zur nächsten geplanten Wartung und mit Ausfallrisiken weiterbetreiben vs. einen Unterbruch für eine Wartung in Kauf nehmen.
  2. Bewertung der Optionen. Hier erzeugen Daten massiven Mehrwert. So können z.B. die Szenarien mit Hilfe von Simulationen und Modellen durchgespielt und quantitativ bewertet werden.
  3. Auswahl der besten Option. Hier müssen die harten Fakten, die aus Daten gewonnen werden können, in den Kontext des Betriebes und insbesondere der Menschen gesetzt werden, um daraus die beste Entscheidung abzuleiten.

Dieses Vorgehen kann visualisiert werden durch die sog. DIKW Pyramide: Aus digitalen Rohdaten (Data) entsteht Information, indem sie im Kontext interpretiert werden. Wissen (Knowledge) entsteht aber erst durch die Analyse – in unserem Beispiel sind das die bewerteten Entscheidoptionen nach Schritt 2. Durch die Kombination mit dem Management-Wissen nach Schritt 3 entsteht daraus die für den Entscheid benötigte ausgewogene Einschätzung («Weisheit – Wisdom»).

DIKW Pyramide

Der Wert von Daten hat grosse Bedeutung

Daten-getriebene Services setzen die Sammlung und Verarbeitung von Daten von Anlagen und Prozessen sowie die Entwicklung von Analysemodellen und die Interpretation der Ergebnisse voraus. Dies erfordert von den Unternehmen erhebliche Investitionen in technische und personelle Ressourcen, in neue Kompetenzen und in neuartige Wertschöpfungsprozesse. Das stellt insbesondere für KMU eine grosse Hürde dar. Erschwerend ist dabei, dass der potenzielle Nutzen aus der Verwendung der Daten oft erst a posteriori zuverlässig abgeschätzt werden kann, nachdem die Algorithmen und Services implementiert worden sind. Dazu müssen aber die Kosten für die Entwicklung schon zu wesentlichen Teilen investiert werden. Vor einer Projektumsetzung (a priori) verfügen die Unternehmen oft nicht über ausreichende Grundlagen zur Abschätzung, ob sich diese Investitionen lohnen. Es handelt sich also um eine typische «Huhn-Ei»-Situation. Als Folge davon wird die Entwicklung Daten-basierter Innovationen in vielen Fällen nur zögerlich angegangen. Damit werden auch relevante Geschäftsopportunitäten verpasst.

Daher ist es sowohl für die Anbieter als auch für die Kunden wichtig, den durch eine Nutzung von Daten potenziell entstehenden Wert vor einem Investitionsentscheid abschätzen zu können. Die a priori Kenntnis dieses Werts für die Kunden wirkt sich direkt auf deren Investitions- und Zahlungsbereitschaft aus. Und damit folglich auch auf den Wert, den die Anbieter aus dem Angebot von smart Services für sich verbuchen können. Mit zunehmender Bedeutung industrieller Services generell und dem Übergang zu Daten-getriebenen Services wird somit die Quantifizierung des Wertes von Daten immer wichtiger.

Wie wird der Wert von Daten bestimmt?

Eine im Projekt «Data Sharing Framework» (siehe Infobox Projekt «Data Sharing Framework») durchgeführte empirische Studie mit über zehn Unternehmen hat ergeben, dass die Unternehmen meistens relativ gute Annahmen über den qualitativen Wert der Daten haben (z.B. «wir können damit die Stillstandszeiten reduzieren»), dass es aber weitgehend an Instrumenten zur Quantifizierung dieses Wertes fehlt, die mit relativ geringem Aufwand praktisch anwendbar sind. Werden quantitative Ansätze angewandt, so erfordern sie sehr spezifische Kompetenzen und einen hohen Aufwand. Um eine fundierte Investitionsentscheidung treffen zu können, müssten die Unternehmen aber in der Lage sein, die potenzielle Rendite ihrer Investitionen zu berechnen. Um diese Hürde zu umgehen, beginnen sie oft mit kleinen und relativ kostengünstigen Pilotprojekten, die einen Teil dieses Wertes aufzeigen, oder mit einer groben Schätzung des Wertes der Daten anhand vergleichbarer Best-Practice-Fälle. Um die Unternehmen bei dieser Herausforderung zu unterstützen, entwickeln wir im Rahmen des Projekts «Data Sharing Framework» deshalb ein Modell zur einfachen Quantifizierung des Wertes von Daten.

Anbieter-Kunden Situation

Kunden, die in diesem Fall Geschäftskunden sind, erzeugen Daten aus dem Betrieb von Anlagen und Prozessen. Im Kontext produzierender Unternehmen sind Anlagen typischerweise Maschinen des Anbieters, die vom Kunden für seine eigene Produktion verwendet werden. Wenn diese Maschinen mit Sensoren ausgerüstet sind, erzeugen sie Daten, die mit dem Anbieter ausgetauscht werden können, typischerweise über eine Kommunikationsinfrastruktur wie das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). Das Gleiche gilt für Kundenprozesse, die durch Prozessmanagement- oder Workflow-Tools gesteuert werden. Wenn der Anbieter diese Daten vom Kunden erhält, kann er digitale Modelle für die Produkte und Prozesse des Kunden erstellen. Darüber hinaus kann der Anbieter auf Basis der Datenmodelle einen Mehrwert durch Erkenntnisse für seine eigenen Prozesse schaffen. Er kann z.B. Logistikkosten reduzieren oder beurteilen, wie seine installierte Maschinenbasis von der Gesamtheit der Kunden genutzt wird und so Schlussfolgerungen für sein eigenes Marketing oder die Entwicklung neuer Produkte gewinnen.

Projekt „Data Sharing Framework“

Das Projekt «Data Sharing Framework» (https://www.data-sharing-framework.eu/) der Internationalen Bodensee Hochschule (IBH) setzt sich das Ziel, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Förderregion beim unternehmens- und grenzübergreifenden Austausch von Daten zu unterstützen. Das Projekt entwickelt praxistaugliche und KMU-gerechte Tools in folgenden fünf Dimensionen: 1) Recht: Data Governance-Modelle und Vertragstoolboxen. 2) Datenbewertung: den Wert von Daten in Ökosystemen quantifizieren und transparent machen. 3) Vertrauen: Handlungsempfehlungen und Instrumente zur Steigerung des Vertrauens in das Datenteilen. 4) Kultur: Instrumente zur Diagnose und Entwicklung einer Organisationskultur, welche die Arbeit mit Daten ermöglicht und unterstützt. 5) Sicherheit: Methoden zur Minimierung von IT-Sicherheitsrisiken bei Kooperation zwischen KMU. Das Projekt wird aus Mitteln des Interreg-Programms „Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein“, dessen Mittel vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Schweizer Bund zur Verfügung gestellt werden, gefördert.h bin ein Fliesstext.

Für die im Bild dargestellte Anbieter-Kunden Situation wird im Projekt «Data Sharing Framework» nun ein Simulationsmodell entwickelt, mit dessen Hilfe auf einfache Art berechnet werden kann, wie sich die Nutzung von Daten auf die Prozesse der Kunden und des Anbieters auswirkt. Durch die Simulation kann der funktionale und somit finanzielle Wert der Daten kostengünstig ermittelt werden. Es können auch verschiedene Intensitäten der Datennutzung durchgespielt und verglichen werden. Das Simulationsmodell ist so aufgebaut, dass es sich mit relativ geringem Aufwand an verschiedene Unternehmen anpassen lässt.

Kontakt

ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Institut für Datenanalyse und Prozessdaten
Dr. Jürg Meierhofer
CH-8401 Winterthur
juerg.meierhofer@zhaw.ch
www.zhaw.ch

Das könnte Sie auch interessieren:

Newsletter abonnieren