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Werkstoffe – Verarbeitung – Anwendung

Kunden fordern minimalen Schulungsaufwand

Der Fachkräftemangel wird uns noch länger beschäftigen, ist sich Michael Wittmann sicher. Darin sieht der Geschäftsführer der Wittmann Gruppe auch die hohe Nachfrage nach wartungsarmen Geräten und intuitiven Bedienkonzepten begründet.
Michael Wittmann, Geschäftsführer der Wittmann Gruppe. (Bild: Wittmann)

Der Fachkräftemangel wird uns noch länger beschäftigen, ist sich Michael Wittmann sicher. Darin sieht der Geschäftsführer der Wittmann Gruppe auch die hohe Nachfrage nach wartungsarmen Geräten und intuitiven Bedienkonzepten begründet.

Welche Trends werden für sie in den kommenden Jahren wichtig?

Aufgrund der anhaltend hohen Stromkosten werden mögliche Energieeinsparpotenziale bei Geräten aus den diversen Produktbereichen ein Dauerthema bleiben. Der Markt fragt im verstärkten Masse spezifische Geräteoptionen zur Effizienzsteigerung an, wie beispielsweise KERS zur Energierückgewinnung bei den Maschinen, Frequenzumrichter zur Lastanpassung bei Temperiergeräten, Trocknern und Förderpumpen, sowie SmartFlow zur individuellen Luftanpassung von Trocknungssilos. Auch der Dauerbetrieb von Mühlen wird kritisch hinterfragt. Dieser lässt sich beispielsweise über ein Signal von beispielsweise einem Angusspicker steuern und die Mühle ist nur dann aktiv, wenn es tatsächlich etwas zu vermahlen gibt.

Bei der Werkzeugtemperierung steht bei Spritzgiessbetrieben die Regelung von Durchfluss bzw. der Pumpendruck im Fokus. Das Zusammenspiel von automatischer Durchflussregelung und frequenzgeregelter Pumpenleistung beim Temperiergerät erlaubt es, den Durchfluss dem Bedarf anzupassen und zusätzlich den Pumpendruck des Temperiergeräts zu reduzieren. Dies spart Strom und wirkt sich positiv auf Wartung und Lebensdauer aus.

Gibt es auch Nachfragen, welche die Spritzgiessmaschinen selbst betreffen?

Bei den Maschinen besteht grosses Interesse an Anwendungen zur Reduktion des Materialeinsatzes sowie der Schliesskraft, welche wir durch unsere bewährte Cellmould Schäum- und Airmould Gasinnendruck-Technologien abdecken. Sehr spezifisch für unsere Firma verlangen Kunden ein hohes Mass an Digitalisierung von Spritzgiessmaschine, Roboter und Peripheriegeräten. Mit unserer Wittmann 4.0 Vernetzung und dem digitalen Werkzeugdatenblatt wird ein „Plug & Produce“ in der Produktion ermöglicht.

Inwiefern spüren sie die politische Stossrichtung hin zur Kreislaufwirtschaft?

Aufgrund von anstehenden EU-Vorgaben werden ebenso Technologien und Geräte für die Kreislaufwirtschaft zukünftig eine grössere Rolle spielen. Zusätzlich zur Verwendung von PCR-Materialien, legen Verarbeiter vermehrt Wert auf eine optimierte Nutzung von internen Ressourcen. Die Wiederverwendung von beispielsweise Angüssen kann wesentlich dazu beitragen und die Nachfrage nach Lösungen wie Inline-Recycling mit Hilfe unserer Ingrinder-Spritzgiessarbeitszelle, kontrollierter Materialzuführung und -dosierung wird steigen. Auf der Maschinenseite kommen bei Materialien mit Tendenz zu Viskositätsschwankungen, wie dies bei Mahlgut der Fall ist, unsere HiQ Softwarepakete zum Einsatz. Beispielsweise gleicht unsere HiQ-Flow Software Viskositätsschwankungen aus, indem während der Einspritzphase ein Messwert für die Viskosität ermittelt wird. Kommt es zu einer Abgleichung der Viskosität, errechnet die B8-Maschinensteuerung eine Kompensation, um das Bauteilgewicht konstant zu halten.

Welche Auswirkungen hat der Fachkräftemangel?

Der Fachkräftemangel ist ein Thema, welches sich in den nächsten Jahren aufgrund der demographischen Entwicklung noch weiter verschärfen wird. Gefragt sind wartungsarme Geräte und intuitive Bedienkonzepte. Speziell in der Automatisierung wird vermehrt Wert auf Lösungen gelegt, die einen minimalen Schulungsaufwand erfordern und eine schnelle Inbetriebnahme ermöglichen. Ideal dafür sind unsere Wittmann Roboter mit R9 Steuerung, die ein Wizard-unterstütztes Einteachen von Ablaufsequenzen ermöglichen. An der Fakuma stellen wir des Weiteren unseren neuen Pick & Place Roboter primus 28 vor, für typische Entnahmeaufgaben. Mit vertikaler Y-Achse aus Stahl und einer Traglast von bis zu 15 kg erweitert sich somit unser Angebot der primus Reihe. Für die vertikal Achse ist standardmässig ein Schmiersystem vorgesehen, welches den Wartungsaufwand noch weiter reduziert.

Was sind ihre Erwartungen diesbezüglich an die Fakuma?

Von Besucherseite erwarten wir grosses Interesse an den Themen Energieeffizienz, Leichtbau, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft. Dazu können wir unzählige Exponate und Technologien vorstellen.

So wird sich auf unserem Messestand ein Energieeffizienzpfad befinden, der aus 9 Stationen besteht. Der Pfad beginnt mit einer hocheffizienten EcoPower DC Maschine, die für den Messebetrieb aus einer 44kWh Batterie gespeist wird. Der Besucher wird unter anderem zu den Peripheriegeräten wie Tempro Temperiergeräte, Feedmax Fördersystemen und Drymax Trocknungsanlagen weitergeführt. Bei diesen Stationen kann man sich ein Bild von EcoDrive, einer lastabhängigen Frequenzregelung oder von der Kombination unserer intelligenten Durchflussregelung WFC mit einem frequenzgeregelten Temperiergerät machen. Den Abschluss des Energieeffizienzpfades bildet die IMAGOxt Station, unsere Softwarelösung für die konfigurierbare Visualisierung und Darstellung von Optimierungspotentialen im Kunststoffverarbeitungsbetrieb.

Was erwartet die Besucher sonst noch auf ihrem Stand?

Ein weiterer Schwerpunkt unseres Messeauftrittes sind unsere Highlights zum Thema Kreislaufwirtschaft. Bei unseren Robotern wird u.a. der neue WX90 eine Vollservo-Lösung für eine kontrollierte und schnelle Angussentnahme gezeigt. Bei unseren Mühlen wird die S-Max Dual 6 gezeigt, eine neue Zahnwalzenmühle welche speziell für harte und spröde Kunststoffe geeignet ist. Die durch die Verwendung von Rezyklaten oder dem Einsatz von Mahlgut einhergehende höhere Staubbelastung im Materialfluss, wird anhand von unserem Fördergerät Feedmax Clean behandelt. Dabei wird sehr anschaulich demonstriert, wie effizient Materialstaub während des Förderzyklus abgeschieden werden kann. Und schlussendlich zeigen wir ein gravimetrisches Dosiergerät, unseren Gravimax, welcher bei der Dosierung von Farb- und Recyclingmaterialien, anhand von NIR-Sensoren, die wunschgerechte Materialrezeptur sicherstellt.

Welches sind derzeit ihre grössten Herausforderungen?

Die Produktions-, Lohn- und Energiekosten sind in Deutschland seit langer Zeit nicht mehr wettbewerbsfähig und durch Produktivitätssteigerungen kaum zu kompensieren. Die Folge davon ist, dass kleinere Unternehmen ihre Investitionsvorhaben aufschieben und grössere Unternehmen verlagern. Wir sehen verstärkt das Bild, dass die Technologieauswahl und die Entscheidungen über Investitionen in den Zentralen in Deutschland getroffen werden, die eigentliche Investition aber im Ausland stattfindet. Zusätzlich macht der Fachkräftemangel den Unternehmen gerade ausserhalb der Ballungsgebiete schwer zu schaffen. In der Produktion wird deshalb vermehrt auf Automation gesetzt. Das hilft aber nicht gegen fehlende Konstrukteure, Werkzeugmacher und oft auch Büroangestellte.

Was würden sie sich für künftige Ausführungen der Fakuma wünschen?

Die Fakuma ist eine hochklassige Branchenmesse mit einem sehr gelungenen Gesamtkonzept und einer optimalen Lage im Schnittpunkt der D-A-CH Region. Der einzige Verbesserungswunsch wäre die Verkürzung des Messebetriebes von Dienstag auf Freitag. Der Besucherstrom am Messesamstag war in den letzten Jahren sehr überschaubar und rechtfertigt nicht den hohen Aufwand, den Aussteller für die Betreuung aufbringen müssen. Das Argument, dass speziell Mitarbeiter aus kleineren Firmen den Samstag für einen Messebesuch nutzen, hat sich durch den aktuellen Work-Life-Balance Trend überholt.

Thomas Meier

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