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KATZ Symposium im Zeichen der autonomen Kunststoffproduktion

Das diesjährige Schweizerische Kunststoff Symposium KATZ am 4. Juni 2024 in Aarau stand unter dem Motto «Autonome Kunststoffproduktion». Referenten aus verschiedenen Kunststoffbereichen gingen der Frage nach, was die Industrie von morgen benötigt, um so erfolgreich zu sein, wie sie es bisher war und immer noch ist.
KATZ Technikum (Bilder: Marianne Flury, Thomas Füglistaler)

Das diesjährige Schweizerische Kunststoff Symposium KATZ am 4. Juni 2024 in Aarau stand unter dem Motto «Autonome Kunststoffproduktion». Referenten aus verschiedenen Kunststoffbereichen gingen der Frage nach, was die Industrie von morgen benötigt, um so erfolgreich zu sein, wie sie es bisher war und immer noch ist.

von Marianne Flury

In seinem Vortrag «Kostensenkung durch Robotik» zeigte Nick Koch, CEO von Robotec Solutions, anhand von Beispielen aus der Praxis, Lösungsansätze für eine erfolgreiche Produktion im Spritzgiessbetrieb. Multifunktionalität direkt an der Spritzgiessmaschine (wie integrierte, visuelle Prüfung, Montage, Beschriften, Verpacken) und eine flexible Automation sind dabei Schlüsselfaktoren.

Der Weg ist das Ziel

In einer Zeit mit Personal- und Know-how-Mangel wären autonome Spritzgiessmaschinen sehr willkommen. «Die ‘green-button-Maschine’ – eine voll autonome Produktionsmaschine – ist noch Vision», betont Dr. Johannes Kilian, Engel. Eine Vision, die Engel auf seinem Weg zur selbstregelnden Spritzgiessmaschine mit seiner Steuerung, seinen iQ-Assistenzsystemen und KI-Tools aber Schritt für Schritt zur Realität werden lässt.

Einen Blick in die Zukunft machte Christoph Kugler vom SKZ – das Kunststoff-Zentrum, mit seinem Vortrag «Autonome Kunststoffproduktion und die Wertschöpfung von Morgen». Damit KI funktioniert braucht es Daten, Daten, Daten, die in der Kunststoffverarbeitung bis anhin nicht in genügender Menge vorhanden sind. Um Daten in ausreichendem Umfang zu erhalten, ist eine Option der Datenaustausch in der Cloud – auch unternehmensübergreifend. Die Crux ist aber: Unternehmen wollen Daten nicht teilen.

Daten – das digitale Gold

Das kam auch sehr deutlich beim Referat von Iwan Tresch, Fischer Söhne, zum Ausdruck. Der anwendungsorientierte Vortrag zeigte die Anforderungen und die Erfahrungen, die das Unternehmen mit der autonomen Produktion erlebt. Für CEO Tresch ist klar: in einem Umfeld, wo die kontinuierliche Weiterentwicklung und Implementierung neuer Technologien nötig sind, um die Produktionsprozesse ständig zu verbessern und wettbewerbsfähig zu bleiben, «haben wir null Bock, Daten herauszugeben».

Yannick Berner, Geschäftsleitungsmitglied Urma AG: Als produzierende Firma im Export haben wir unzählige Herausforderungen. Wir versuchen diesen mit strategischen Ansätzen entgegenzuwirken. 

Auch Urma hat sich die durchgehende Digitalisierung zum hauptstrategischen Unternehmensziel gesetzt. Yannick Berner ging in seinem Vortrag auf die Herausforderungen ein und die Lösungsansätze, mit denen das Familienunternehmen auf diese reagiert. Ein Fallbeispiel verdeutlichte, wie KI erfolgreich in der Endkontrolle eingesetzt wird.

KATZ Kreislauffabrik

Neben diesen und weiteren Vorträgen war ein Höhepunkt der Veranstaltung, die offizielle Eröffnung der KATZ Kreislauffabrik. Das KATZ bietet schweizweit die ersten Kreislauf-Ausbildungsplätze für Kunststofftechnologen an. Im Bildungsplan ist die Aufbereitung, also das Recycling von Materialien, enthalten. «Was wir neu einbringen, ist, dass wir systematisch an den Prozessschritten arbeiten und den Lernenden die Möglichkeit geben herauszufinden, welchen Einfluss bei der Aufbereitung Parameteränderungen auf die Qualität des Neugranulats haben», erklärt Rémy Stoll, Geschäftsführer des KATZ (mehr dazu siehe Interview).

Fragen an Rémy Stoll, Geschäftsführer des KATZ

Rémy Stoll: „Als nächstes werden wir in Richtung Delabelling und Deinking (Etiketten- und Druckentfernung) gehen bei Verpackungen.“

Heute (4. Juni 2024) ist die offizielle Eröffnung der KATZ Kreislauffabrik. Wie kann ich mir diese vorstellen?
Rémy Stoll: Neu ist, dass wir wirklich vom Alt-Kunststoff bis zum Neu-Granulat alle Schritte gehen und wir das hier zeigen können. Dieser Prozess ist nun in unseren Kursen integriert und wir nehmen in den üK (überbetriebliche Kurse) mit den Lernenden die Kreislauffabrik in Betrieb. Die Lernenden übernehmen in 2er oder 3er Teams eine Aufgabe und müssen sich intensiv mit der Maschine und dem Material befassen. Die einen kümmern sich um das Mahlgut der Altkunststoffe, andere bereiten das Mahlgut zu Granulaten auf, und die dritten stellen aus dem Granulat Prüfkörper her und untersuchen diese dann auch. Die Lernenden können sich gegenseitig challengen, sie optimieren ihren Teil des Prozesses und das ist auch der Kreislauffabrik-Gedanke: In- und Output werden aufeinander abgestimmt und optimiert. Am Schluss führt man alles zusammen. Sie lernen so jede Station kennen, sie müssen miteinander kommunizieren und Resultate generieren, die den ganzen Prozess verbessern.

Die Ausbildung läuft nun seit April. Wie ist das Feedback der Lernenden?

Stoll: Die Lernenden nehmen den Challenge gerne an. Sie versuchen beispielsweise den Durchsatz auf der Maschine zu vergrössern, sehen dann auch, dass sich mit der Durchsatzmenge die Qualität des Materials verändert. Unter dem Strich finden sie aber, dass der Kreislauf von Kunststoff nicht kompliziert ist. Man muss es einfach machen. Unser Ziel ist, dass die Lernenden in ihren Betrieb gehen und dort die Macher, die Enabler sind und nicht die Bremser, die die Kreislaufwirtschaft hinterfragen.

Wo beginnt der Kreislauf bei der Ausbildung?

Stoll: Das ist das Spannende. Das ist auch der Unterschied zwischen einem einzelnen Versuch und dem Betrieb eines mehrstufigen Aufbereitungsprozesses. Wir nutzen verschiedene Altkunststoffquellen. Aktuell sind es zum einen gewaschene Fertigkaffeegetränkebecher inklusive Etikett- und Deckelresten, die wir als Mahlgut erhalten haben. Damit können wir eine grössere Menge des gleichen Materials verarbeiten. Zum anderen betreiben wir unsere eigene Kunststoffsammlung aus dem Umfeld des KATZ, wo wir definierte Altkunststoffsorten aus den Haushalten ins KATZ bringen, um den ganzen Prozess der Aufarbeitung weiterentwickeln zu können. Am liebsten haben wir Lose von 20 bis 200 kg der gleichen Kunststofftypen, damit wir systematisch vorgehen können. Materialmässig sind es im Moment vor allem Polyolefine. Wir haben uns auf PP konzentriert, die wir wieder aufbereiten. Wir bereiten aber auch unser Kursmaterial, das wir zur Rohr- resp. Profilextrusion benutzen, wieder auf. Da haben wir 100 – 200 kg , die bei uns im KATZ zirkulieren und jeweils von den nächsten Lernenden im üK erneut regranuliert werden.

Was wird dem Symposiums-Teilnehmer ‘in der Kreislauffabrik’ heute geboten?

Lernende erklären das Projekt Teufelsknoten.

Stoll: Wir zeigen die Herstellung unserer neuen Kollektion an Teufelsknoten. In den eingesetzten Kreislaufkunststoffen spielen wir gezielt mit Farben und Verunreinigungen, um einzigartige Designeffekte zu erzielen. Neu ist ebenfalls unsere Verpackung, die wir in Zukunft aus 100% Kreislaufmaterial herstellen werden und die auf die Kreislauffähigkeit optimiert wurde. Den Teufelsknoten gibt es schon seit längerem am KATZ und wird als Musterteil vom KATZ hergestellt. Neu ist, dass wir das Spielzeug aus Kreislaufmaterial aus der KATZ Kreislauffabrik herstellen.

Was ist der aktuelle Stand des Projekts?

Stoll: Im Vorfeld wurde ein gutes Dutzend Kreislaufprojekte mit verschiedenen Unternehmen durchgeführt. Gerade bei Kreislaufprojekten braucht es die verschiedensten Partner: Sammler, Logistiker, dann die Unternehmen, die das Material aufbereiten. Im KATZ kümmern wir uns um die Aufbereitung der Altkunststoffe in Chargen von bis zu 500 kg. Aktuell können wir eine Grundreinigung der Altstoffe machen. Diese Möglichkeiten werden wir ausbauen. Es geht um das Erkennen und Sortieren der Materialien. Was wir bereits machen ist Zerkleinern, Aufschmelzen, Neugranulat herstellen und die Rezeptur dazu erstellen.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Stoll: Als nächstes werden wir in Richtung Delabelling und Deinking (Etiketten- und Druckentfernung) gehen bei Verpackungen, d.h. wir versuchen die Farben zu entfernen, damit wir in sauberer Qualität weiterarbeiten können. Da sind wir schon recht weit fortgeschritten.

Aktuell arbeiten wir mit verschiedenen Unternehmen im Rahmen eines Förderprojekts daran, aus gebrauchten Lebensmittelverpackungen wieder neue Lebensmittelverpackung herzustellen. Dabei wird es noch wichtiger sein, Verunreinigungen im Aufbereitungsprozess zu entfernen. Diese Aufbereitungsschritte sind noch nicht für die Lernenden-Kurse, aber sobald wir sie in der KATZ Kreislauffabrik eingeführt haben, können wir sie innert kurzer Zeit in unsere üK integrieren. Selbstverständlich steht die Technologie dann auch für den Transfer in industrielle Prozesse bereit.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Symposiums waren die live Vorführungen an den Maschinen und Geräten im Technikum, an denen Lernende den interessierten Besuchern Red und Antwort standen.

Impressionen vom KATZ Symposium

Im Anschluss an das Symposium fand die Mitgliederversammlung des Fördervereins KATZ statt.

www.katz.ch

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