Kunststoffrecycling ist ein Thema, das aufgrund von gesellschaftlichen und gesetzlichen Forderungen international laufend an Bedeutung gewinnt. Das IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung der Ostschweizer Fachhochschule ist seit vielen Jahren in diesem Bereich tätig und konnte auch im vergangenen Jahr auf nationaler und internationaler Ebene Projekte erfolgreich abschliessen.
Von Prof. Daniel Schwendemann, Sarah Rickenbacher, beide IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung, OST Ostschweizer Fachhochschule
Nachhaltigkeit, und somit auch die Kreislaufwirtschaft, wird zunehmend wichtiger. Einerseits steigt die Nachfrage von ökologischeren Produkten, andererseits treten Gesetze und rechtliche Regelungen in Kraft, wie beispielweise die Verordnung zu Kunststoffverpackungen der EU, die umgesetzt und eingehalten werden müssen. Dies führt dazu, dass Innovationen in diesem Bereich sowohl von staatlicher Seite als auch von privatwirtschaftlichen Unternehmen gezielt vorangetrieben und gefördert werden.
IWK auf der World Expo in Dubai
Im Zuge dieser Entwicklungen hat die Schweiz entschieden auf der World Expo in Dubai – sie dauert noch bis März 2022 – in ihrem Pavillon die Nachhaltigkeit zum Thema zu machen. Swissnex hat eine Ausschreibung im Frühjahr 2021 lanciert – die Swiss-Middle East Circular Economy for Youth Initiative, kurz SMECEYI. Ziel war, Studierende von Universitäten im Mittleren Osten zusammenzubringen, um verschiedene innovative Lösungsansätze, für das Abfallmanagement, die Vermeidung von Umweltverschmutzung oder die Einführung der Kreislaufwirtschaft zu finden. Während der Ausarbeitung des Projektes sollten die Teilnehmenden auf Unterstützung durch Schweizer Universitäten und Forschende zurückgreifen und Kooperationen aufbauen. Von den 15 Teams wurden die 6 Finalisten eingeladen, ihr Lösungskonzept Anfang November 2021 auf der Expo im Swiss Pavillon vorzustellen. Die jeweiligen Konzepte wurden von einer dreiköpfigen Jury, zu der auch Prof. Daniel Schwendemann gehörte, bewertet und prämiert. Gewonnen hat das Team Plasticycle aus dem Libanon, das ein Konzept zur Bewältigung der grossen Abfallmengen von Kunststoffen erarbeitet hat. Die Idee beinhaltet unter anderem, dass die im Land vorhandenen PP- und PE-Abfälle gesammelt, aufbereitet und zu Granulat verarbeitet werden. Dadurch können die grossen Abfallmengen, sinnvoll verwendet werden, die sonst oft auf wilden Deponien entsorgt werden. Dies wird die Natur entlasten und die lokale Wirtschaft ankurbeln, da Rohmaterial inländisch gewonnen wird und nicht teuer eingekauft werden muss. In der jetzigen wirtschaftlichen Situation, bei auch hoher Jugendarbeitslosigkeit ein wichtiger Gesichtspunkt. Aktuell wird unter der Leitung von Prof. Roger Marti von der HES-SO Fribourg und Mitarbeit des IWK ein Folgeprojekt beantragt, welches die Fortführung der Aktivitäten und Kooperationen ermöglichen soll.
Zusätzlich zur Unterstützung der SMECEYI konnte das IWK in Dubai sein erfolgreiches Recyclingprojekt von gebrauchten Skischuhen im Swiss Pavillon vorstellen. Das Skischuh-Recycling wird in enger Zusammenarbeit mit der Argo Werkstätte Davos betrieben. Die alten Skischuhe werden gesammelt und von Menschen mit Handicap in den Werkstätten der Argo demontiert, sortiert und anschliessend geschreddert. Die dabei entstehenden TPU-Flakes werden am IWK aufbereitet und zu TPU-R Filamenten für den 3D-Drucker verarbeitet. Das gummielastische Filament wird unter der Marke Creamelt vertrieben.
Recycling-PET in der Modewelt
Auch in der Textil- und Modeindustrie gewinnt Nachhaltigkeit und Kunststoffrecycling zunehmend an Bedeutung. Im vergangenen Jahr konnte das IWK mehrere Projekte in diesem Bereich unterstützen und realisieren. Das Ziel dieser Projekte war jeweils zu zeigen, dass auch mit Recycling-Material keine Abstriche bezüglich der Ästhetik gemacht werden müssen.
Besonders gelungen, die Qualität von rezyklierten Stoffen in Szene zu setzen, ist dies in einer Zusammenarbeit zwischen der niederländischen Modedesignerin Iris van Herpen, Niederlande, und Evian, Frankreich. Hier wurde ein Stoff entwickelt, der anhand seiner Erscheinung und seines Verhaltens an Wasser erinnern soll. Als Grundmaterial für das Kleid wurden rezyklierte Evian-Flaschen verwendet, die den Qualitätsanforderungen für das herkömmliche Bottle-to-Bottle-Recycling nicht erfüllen. Die Aufbereitung des Flaschenmahlguts zu Granulat fand am IWK statt, da hier sowohl das nötige Equipment für Kleinmengen als auch das Know-how vorhanden ist. Anschliessend wurde das Material von der Firma Monosuisse AG in Emmenbrücke (Schweiz) zu hochwertigem Monofilament verarbeitet. Mit diesen Filamenten aus den PET-Flaschen und dem Zusatz von Seide wurde vom renommierten italienischen Textilhersteller Ruffo Coli ein Stoff kreiert, der an die leicht spiegelnde Wasseroberfläche erinnert. Das hieraus hergestellte Designerkleid wurde anlässlich der British Fashion Awards präsentiert und stiess in der Modewelt auf grosses Interesse.
Nicht nur die Textilwelt, sondern auch die Schmuckindustrie beschäftigt sich mit dem Recycling von Kunststoffen und insbesondere der Verwendung aufbereiteter Materialien. So wurde im vergangenen Sommer von einer jungen Designerin im Swarovski Design Future Lab eine innovative Schmuckkollektion entworfen, für die ausschliesslich rezyklierte Materialien genutzt wurden. Das IWK entwickelte auf Basis des rPET der Tide Ocean SA ein druckfähiges Filament, welches für das Aufbringen von Strukturen auf Textilen genutzt wurde.
Neben den Druckaktivitäten mit Filamenten werden sehr grosse Bauteile, wie Möbel mittels direktem Aufschmelzen der Granulate auf dem 3D-Drucker erzeugt. Besonders imposante Bauteile sind in der Oceana Collection des Designers Karim Rashid, USA, zu sehen, der eine komplette Couchlandschaft geschaffen hat. Auch hier wurde ein spezielles Compound mit Tide Ocean Materialien für die Additive Fertigung entwickelt und für die Bemusterungen hergestellt.
Diese Projekte sollen Künstlern, Designern und Produktentwicklern rund um den Globus das Potenzial von rezyklierten Kunststoffen aufzeigen und wo immer möglich, zu deren Einsatz in weiteren Bereichen, auch im Premiumbereich, anregen.
Koordiniert werden diese Kooperationen von der Solaris Community, Schweden, einem Netzwerk, welches Ingenieure und Designer zusammenbringt.
Diese Pilotprojekte sind ein wichtiger Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft im Kunststoffsektor. Die hochwertigen Bauteile erlauben uns einen etwas anderen Blick auf das Kunststoffrecycling, welches sonst oft mit minderwertigen Produkten oder schwarzen Bauteilen assoziiert wird.
Kontakt
IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung
OST Ostschweizer Fachhochschule
Prof. Dipl.-Ing. Daniel Schwendemann
daniel.schwendemann@ost.ch
http://www.ost.ch/iwk