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Geschäftsjahr besser als erwartet

Das ’Corona-Jahr’ 2020 liess die Industrie Schlimmes erwarten und die allgemein herrschende Unsicherheit verstärkte die Befürchtungen. Nun hat der Verband Kunststoff.swiss die Zahlen der Kunststoffindustrie ausgewertet und diese überraschen. Der befürchtete massive Rückgang konnte in Grenzen gehalten werden und der Ausblick auf das Jahr 2021 ist zwar durchzogen, lässt aber Optimismus zu.
Geschäftsverlauf, Kunststoffindustrie 2020
Laptop with chart on its display at workplace of economist

Das ’Corona-Jahr’ 2020 liess die Industrie Schlimmes erwarten und die allgemein herrschende Unsicherheit verstärkte die Befürchtungen. Nun hat der Verband Kunststoff.swiss die Zahlen der Kunststoffindustrie ausgewertet und diese überraschen. Der befürchtete massive Rückgang konnte in Grenzen gehalten werden und der Ausblick auf das Jahr 2021 ist zwar durchzogen, lässt aber Optimismus zu.

Autor: Marianne Flury

Der Konjunkturrückgang hatte sich bereits nach dem absoluten Boomjahr 2018 abgezeichnet. 2019 musste die Kunststoffindustrie über alle Bereiche hinweg einen Umsatzschwund von 5,5 Prozent hinnehmen. Für das Corona-Jahr erwartete die Branche entsprechend weitere Einbrüche. Diese sind auch erfolgt, aber mit einem Minus von 5 % über die gesamte Branche geringer ausgefallen als befürchtet. Zudem sind nicht alle Bereiche gleichermassen hart getroffen.

Grafik Umsätze
Entwicklung der Umsätze der Schweizer Kunststoffindustrie (Tabelle: Kunststoff.swiss)

Vom Taucher bis zum mässigen Rückgang

Einen empfindlichen Taucher erlitten die Maschinen- und Peripheriehersteller. Der Einbruch erfolgte vor allem in der 1. Jahreshälfte. Ab September 2020 zogen die Geschäfte gemäss Aussagen einzelner Maschinen- und Peripheriehersteller wieder an, konnten aber den Rückgang nicht wettmachen. Der Umsatz fiel von CHF 785,4 Mio. auf CHF 522 Mio., was einem Minus von 33,5 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Kurt Röschli, Geschäftsführer von Kunststoff.swiss, vermutet, dass die Verarbeiter coronabedingt und wegen der daraus resultierenden Verunsicherung, bezüglich Investitionen auf die Bremse getreten sind. 

Nicht ganz so hart wurden die Rohstofflieferanten getroffen. Deren Umsätze gingen von CHF 2862 Mio. auf 2639 Mio. zurück (-7,8 %). Das widerspiegelt die Preisentwicklung der Rohmaterialien, die sich im Verlaufe des letzten Jahres mehrheitlich gegen unten bewegten. «Wir hatten 2020 wesentlich tiefere Rohstoffpreise. Ich gehe davon aus, dass die Verarbeiter im Hinblick auf die Pandemie die Lager geleert haben. Entsprechend haben auch die Rohstoffhersteller ihre Kapazitäten runtergefahren mit dem Resultat, dass 2021 die Rohstoffe um den Faktor 2 und mehr teurer wurden», analysiert Röschli die Situation. Die Verknappung betrifft nicht nur Kunststoffe; das Szenario zieht sich durch alle Bereiche – Holz, Metall, Stahl, Karton, Elektronik. 

Die Kunststoffverarbeiter kamen vergleichsweise mit einem ’blauen Auge’ davon. Deren Umsätze sanken von CHF 9978 Mio. auf CHF 9728 Mio. (-2,5 %).

Betrachtet man die Umsätze der übrigen Markt Player, so halten sich auch hier die Rückgänge in Grenzen: sie bewegen sich zwischen -1,6 % (Handelsfirmen) und -2,9 % (Dienstleistungsbetriebe).

Der Umsatzrückgang der Gesamtbranche von -5,0 % ist auch bemerkenswert, weil beispielsweise die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) 2020 einen Einbruch von 9,8 % erlitten hat. Röschli erklärt die Differenz damit, dass der Bundesrat bereits zu einem frühen Zeitpunkt die Kunststoffindustrie als systemrelevant erklärt hat. Zudem haben Verpackungen, Hygieneartikel und Produkte und Geräte in der Medizintechnik einen Teil der Umsatzeinbussen ausgeglättet.

Eine Bemerkung am Rande: Im vierten Quartal 2020 erreichten die Auftragseingänge der MEM-Industrie fast wieder das Vorjahresniveau. Es bestehen nach Auskunft von Ivo Zimmermann, Kommunikationsleiter Swissmem, ermutigende Anzeichen, dass sich dieser Erholungstrend 2021 fortsetzen wird. So deutet der PMI (Purchasing Managers Index) in fast allen Absatzmärkten auf ein teils kräftiges Wachstum hin. Auch die Erwartungen der Unternehmerinnen und Unternehmer für die kommenden zwölf Monate seien entsprechend positiv.

Anzahl Firmen und Mitarbeitende im Jahresvergleich (2016-2020) (Tabelle: Kunststoff.swiss)

Deutlich weniger Firmen, Personal wurde gehalten

Betrachtet man die Anzahl der Firmen resp. der Mitarbeitenden der Kunststoffindustrie zeigt sich ein durchzogenes Bild. Auf der einen Seite gibt es markant weniger Firmen (-13 %). Als Gründe dafür nennt Röschli Konkurse, Fusionen und die andauernde Abwanderung ins Ausland. Verschärft habe sich die Situation sicher durch die Tücken der Pandemie.

Dem Firmenschwund steht eine ziemlich konstant gehaltene Belegschaft gegenüber. So bildet die Mitarbeiteranzahl mit einem Minus von 2,7 % die Schrumpfung der Firmen in keiner Weise ab. «Ich bin stolz auf die Kunststöffler. Sie haben langfristig gedacht und verantwortungsvoll gehandelt», stellt Röschli erleichtert fest. «Man kann die Mitarbeiter nicht wie eine Ware aus dem Schrank nehmen und dann wieder zurückstellen. Mitarbeiter sind das wichtigste Kapital einer Firma; dazu muss man Sorge tragen.»

Verarbeitete Mengen von Kunststoff und Kautschuk (Quelle: EZV)

Höherer Kunststoffverbrauch

Auf den ersten Blick mag erstaunen, dass die verarbeitete Menge von Kunststoff und Kautschuk von 686 282 auf 719 899 Tonnen (+4,9 %) zugenommen hat. Auf das Konto von Kunststoff geht ein Plus von 5,5 %, währenddem der Kautschukverbrauch um 4,6 % zurückging.

Röschli begründet dies damit, dass ein Teil der Plastikabfälle zum Rezyklieren exportiert und dann als recyceltes Material wieder importiert wird. «Diese Materialien erscheinen dann in Konsequenz als importiertes Rohmaterial (Recyclingmaterial).» Einen Mehrverbrauch ortet Röschli auch im Aufbau von Lagerbeständen und einem gestiegenen Einsatz von Recyclingmaterial.

Exporte von Halbfabrikaten und Fertigwaren aus Kunststoff (Quelle: EZV)

Export so tief wie seit Jahren nicht mehr

Der Export von Halbfabrikaten und Fertigwaren aus Kunststoff ist auf CHF 3,15 Mrd. zurückgegangen und hat damit das tiefste Niveau der letzten 10 Jahre erreicht. Auf das Konto von Halbfabrikaten kommen CHF 1,5 Mrd. (1,644 Mrd.), auf das von Fertigware CHF 1,650 Mrd. (1,743 Mrd.).

Röschli vermutet, dass die KMU sich 2020 auf den Heimmarkt konzentriert haben. Aufgrund von ihm vorliegendem Zahlenmaterial vom März und April 2021 ist er zuversichtlich, dass der Export im laufenden Jahr wieder zulegen wird.

Der grösste Teil der verarbeiteten Kunststoffe geht in den Verpackungsbereich (Grafik: Kunststoff.swiss).

Bei den Kunststoffanwendungen ergeben sich bekanntermassen jeweils nur geringe Verschiebungen. Unangefochten bleibt mit einem Anteil von 40,22 % (39,4 %) der Verpackungssektor der Spitzenreiter, gefolgt vom Bau mit einem Anteil von 37,43 % (38,3 %). «Die beiden Bereiche machen zusammen fast 80 % aus. Der Rückgang beim Bau macht mir Sorgen, weil der Trend wahrscheinlich wegen Materialengpässen weiterhin rückläufig ist», befürchtet Röschli. «Starke Einbussen kann die Medizin nicht wettmachen.» Mit gros-sem Abstand folgen die Bereiche Medizin (8,54 %), Fahrzeug (5,13 %), Elektro und Elektronik (2,26 %) und Haushalt (1,22 %). Weitere Segmente wie Landwirtschaft, Möbel u.a. verzeichnen einen Anteil von jeweils < 1 %.



Importe und Exporte von Kunststoffabfällen (Grafik: Kunststoff.swiss)

Kunststoffabfälle bleiben vermehrt im Inland

Seit Jahren nehmen die Importe von Kunststoffabfällen stetig zu. Der Sprung von 65 389 auf 91 587 t – das ist ein Plus von 40 % – ist jedoch aussergewöhnlich. «Der Import ist wichtig, weil wir schlicht nicht genügend Recyclingmaterial zur Verfügung haben und nicht in genügend guter Qualität. Wir sind auf Partner angewiesen», begründet Röschli den Volumenanstieg. Auf der anderen Seite geht der Export kontinuierlich zurück, zuletzt von 89 602 auf 83 023 t (-7,3 %). Diese Entwicklung ist ganz im Sinn der Basler Konvention, die den Export von Post Consumer Abfällen PPC) verbietet. Haupthandelspartner sowohl im Im- wie auch im Export sind Deutschland und Österreich.

Trend Personal und Umsatz gemäss Umfrage von Kunststoff.swiss (Grafik: Kunststoff.swiss)

Ausblick

Gemäss Umfrage des Verbands im März dieses Jahres sind 42 % der Teilnehmer zuversichtlich, dass das laufende Geschäftsjahr umsatzmässig besser ausfallen wird als 2020. 23 % fürchten eine weitere Verschlechterung der Situation. Positiv stimmt, dass 62 % am Personal festhalten oder dieses gar aufstocken (22 %) wollen.

www.kunststoffxtra.com

Weiteres Zahlenmaterial

Veränderungsraten in Prozent (Grafik: Kunststoff.swiss)
Entwicklung der Personalstruktur (Grafik: Kunststoff.swiss)
(Grafik: Kunststoff.swiss)

Quelle: PlasticsEurope
Europe (EU 28+2) – Wiederverwertung der Kunststoffabfälle 2018 (Quelle: Conversio)

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