Die Gründung des IWK im Jahr 2005 erfolgte nicht etwa aufgrund eines strategischen Führungsentscheides der Hochschulleitung. Es war vielmehr der folgerichtige Abschluss von gut drei Jahrzehnten Wirkens des Schreibenden an der Rapperswiler Hochschule ab WS 1974. In dieser Zeit konnte die Kunststofftechnik, insbesondere die Auslegung von Kunststoffkonstruktionen, zu einem weitherum beachteten Kompetenzfeld der Fachrichtung Maschinenbau heranwachsen. Diese nicht planbare Entwicklung bis hin zur Institutsgründung ist vor allem einer Reihe von glücklichen Fügungen zu verdanken, ohne die es heute kaum ein IWK geben würde.
Von Johannes Kunz
Aufgrund persönlicher Erfahrungen in Ausbildung und Industrie war es von Anfang an ein wichtiges Anliegen, den Studierenden die Kunststoffe als vollwertige Konstruktionswerkstoffe nahezubringen. Das geschah zunächst einmal im Fach Festigkeitslehre mit einem Kapitel über das viskoelastische Verhalten der Kunststoffe hinsichtlich Versagen und Verformung samt deren Berücksichtigung bei der Bauteilberechnung in Theorie, Beispielen, Übungen und Prüfungen. Alles auf der Grundlage der damals neuen Erkenntnisse mit einer dehnungsbezogenen Betrachtungsweise aus dem Aachener Institut für Kunststoffverarbeitung IKV unter Prof. Dr.-Ing. Georg Menges.
Vertiefungsfach Werkzeugtechnik wird eingeführt
Ein wichtiger Ausbauschritt war 1981 die Einrichtung des Vertiefungsfaches Werkstofftechnik im Maschinenbau-Studienplan. Dessen eine Hälfte war dem Berechnen und Gestalten von Kunststoff-
konstruktionen gewidmet. Dies ermöglichte eine umfassendere Beschäftigung mit dem Unterrichtsstoff und die Durchführung von Semester- und Diplomarbeiten, was sich als besonders wertvoll erwies. Im Laufe der Jahre wurden 224 solcher Arbeiten mit Bezug zu kunststofftechnischen Problemstellungen auch aus der Industrie ausgeführt. Als 1987 die Finite Elemente Methode (FEM) in den Lehrplan aufgenommen wurde, war es selbstverständlich, dass auch Kunststoffe in den Anwendungsbeispielen auftauchten.
Ausserschulische Aktivitäten wie Beratung und Schulung für Firmen und Institutionen in der Schweiz und in Deutschland wie auch die Publikationen führten dazu, dass die spezifischen Kompetenzen der Rapperswiler Hochschule im Bereich Kunststofftechnik mehr und mehr bekannt wurden. Dazu beigetragen haben dürfte auch das Privileg, vom Beginn weg im Nachdiplomstudium Kunststofftechnik, 1976 von Prof. Dr. Wolfgang Kaiser an der Hochschule in Brugg-Windisch gegründet, und seinen Nachfolgeformaten das Fach Berechnen und Gestalten von Kunststoffbauteilen zu unterrichten. Solche Aktivitäten und die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung gehörten mit dem Fachhochschulgesetz von 1995 neu zum offiziellen Leistungsauftrag. Nun konnten Fördermittel beantragt und wissenschaftliche Mitarbeiter angestellt werden, was eine systematische Bearbeitung von Themen ermöglichte. Im Vordergrund stand dabei die rechnerische und gestalterische Auslegung von Kunststoffkonstruktionen und Verbindungselementen, wovon etliche Veröffentlichungen zeugen.
Das Modul Kunststofftechnik schärft das Studiengangprofil
Diese Entwicklung erreichte 2002 einen weiteren Meilenstein, indem das bisherige Vertiefungsfach Werkstofftechnik in ein Modul Kunststofftechnik umgewandelt werden konnte, das nun allein diesem Fachbereich gewidmet war. Im mittlerweile bolognakonformen Studienangebot waren nun auch die Grundlagen der Kunststoffverarbeitung enthalten, wofür dank langjähriger freundschaftlich-kollegialer Verbundenheit Prof. Dr. Wolfgang Kaiser gewonnen werden konnte.
Nun geht es Schlag auf Schlag
Nach und nach näherte sich das Pensionsalter, und es stellte sich die Frage nach der Zukunft der Kunststofftechnik an der Rapperswiler Hochschule. Einen wichtigen Impuls gab im Oktober 2004 das überraschende Angebot der Firma Arburg (Schweiz), eine Spritzgiessmaschine zur Verfügung zu stellen. Von dieser Möglichkeit unterrichtet, meinte Rektor Prof. Dr. Hermann Mettler spontan: «Mach ein Institut». Nun ging es Schlag auf Schlag. Bis Ende November 2004 wurde zuhanden des Rektors ein Konzept erstellt. Als Eckpunkte sah es zwei Professuren und zwei modern ausgestattete Laborräume vor. Nach der Genehmigung durch den Hochschulrat Mitte Dezember erteilte die Schulleitung noch vor Weihnachten den Auftrag, auf Basis dieses Konzepts bis Ende Oktober 2005 ein Institut aufzubauen. Dafür wurden die erforderlichen Ressourcen mit einem Finanzrahmen von 0,5 MIO CHF bereitgestellt. Auf die Stellenausschreibungen im Januar 2005 folgte das Wahlverfahren, aus dem im April die Berufung von Dr.-Ing. Frank Ehrig und Dr. sc. techn. Markus Henne mit Stellenantritt am 1. September 2005 hervorging. Sogleich wurde in enger Zusammenarbeit mit den jungen Professoren alles Nötige in die Wege geleitet, damit das Institut am 1. Oktober den Betrieb aufnehmen konnte. Dazu gehörten u.a. die Festlegung von Spritzgiessen und FVK/Leichtbau als fachliche Schwerpunkte, der Unterrichtseinsatz der Professoren, Umbau und Ausstattung der Laborräume und Arbeitsplätze, die Personalrekrutierung, Auftritt des Instituts mit Bezeichnung IWK und Logo, die Zusammenarbeit mit dem BWZ Rapperswil, Planung und Organisation der Eröffnungsfeier u.v.a.m.
Der Kraftakt gelingt
Wie vorgesehen konnte der Betrieb am 1. Oktober 2005 mit zwei voll ausgerüsteten Labors mit drei Spritzgiessmaschinen, einer 20-Tonnen-Presse, Prüf- und Analysegeräten usw. aufgenommen werden. Dass dieser Aufbau innert weniger Monate gelang, war nur möglich dank kurzer Entscheidungswege, minimaler Administration und einem Arbeitsklima, das von persönlichem Vertrauen und grosser Handlungsfreiheit geprägt war. Die Eröffnungsfeier am 18. November 2005 im Beisein prominenter Gäste aus Politik, Kunststoffwelt, Sponsoren und Medien setzte den glanzvollen Schlusspunkt dieser Aufbauarbeit und signalisierte der Öffentlichkeit den Beginn eines neuen Kapitels der spannenden Kunststoffgeschichte an der Rapperswiler Hochschule.
Kontakt
IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung
OST Ostschweizer Fachhochschule
CH-8640 Rapperswil-Jona
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