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Die Mitarbeitenden sind die DNA der HB-Therm

Temperiergeräte made in Switzerland – das stellt die HB-Therm AG, als mittlerweile weltweit führender Entwickler und Produzent von Temperiergeräten seit 1967 her. Ein Meilenstein in der Geschichte des Familienunternehmens ist sicher der im August dieses Jahres bezogene Neubau in St. Gallen. Im Gespräch mit KunststoffXtra erzählt Reto Zürcher, weshalb er weiterhin auf St. Gallen als Produktionsstandort setzt und was für ihn wichtig ist
Reto Zürcher: Mit dem Umzug haben wir auch unsere Fertigungstechnologie geändert. (Bild: Marianne Flury)

Temperiergeräte made in Switzerland – das stellt die HB-Therm AG, als mittlerweile weltweit führender Entwickler und Produzent von Temperiergeräten seit 1967 her. Ein Meilenstein in der Geschichte des Familienunternehmens ist sicher der im August dieses Jahres bezogene Neubau in St. Gallen. Im Gespräch mit KunststoffXtra erzählt Reto Zürcher, weshalb er weiterhin auf St. Gallen als Produktionsstandort setzt und was für ihn wichtig ist

Von Marianne Flury

Herr Zürcher, am Stammsitz in St. Gallen werden seit 1967 Hightech-Temperiergeräte produziert. Was war der Auslöser für den Entscheid, einen Neubau auf der grünen Wiese zu erstellen?

Reto Zürcher: Der Entscheid erfolgte auf Grund der Umsatzentwicklung. Wir konnten in den bestehenden Gebäuden zwar noch wachsen, aber nicht in dem Masse, wie es nötig gewesen wäre. Vor sieben Jahren entschlossen wir uns, etwas Neues zu suchen. Prioritärer Wunsch dabei war ein Gebäude. Wir wollten den perfekten Standort für HB-Therm finden und deshalb erfolgte die Suche über die Kantonsgrenze- und Landesgrenze hinaus. Überrascht waren wir, was ein Bau im Ausland finanziell bedeuten würde: Deutschland -40 % Lohnkosten, Italien -50 %, Tschechien, Ungarn -80 %. Bei den Mietkosten dasselbe. Dann hatten wir Angebote für Landerwerb für 1 Euro oder Steuererleichterungen resp. 10 Jahre gänzliche Steuerbefreiung. Zieht man all diese Faktoren in Betracht, gibt es eigentlich nur eine Richtung – weg von der Schweiz.

Da fragten wir uns, was ist eigentlich die DNA von HB-Therm, was ist es, was uns zu dem macht, was wir sind? Der Erfolgsfaktor, der alles zusammenhält – Innovationskraft, hohe Fertigungstiefe, Technologie vom Feinsten – basiert nur auf einem Pfeiler, und das sind unsere Mitarbeiter. Würden wir wegziehen von hier, würden wir auch die Mitarbeiter verlieren, was wiederum heisst, dass unsere Basis verloren geht. Da war der Entscheid klar: Wir brauchen einen Standort in St. Gallen oder möglichst nahe dazu.

Sie öffneten im November während drei Tagen die Türen des Neubaus und liessen Kunden, Lieferanten, Behörden und Familienangehörige und Freunde Ihrer Mitarbeiter hinter die Kulissen der Temperiertechnik schauen. Weshalb dieser Aufwand?

Zürcher: Wir sehen das als einmalige Chance, uns zu präsentieren. Bisher waren wir in vier Gebäuden untergebracht. Teils waren es alte Gebäude, teils sehr verwinkelte. Das hat nicht dem Image von HB-Therm entsprochen. Wir sind ein modernes Technologieunternehmen und das wollten wir den Leuten zeigen.

Was ist der augenfälligste Unterschied zur HB-Therm vor dem Umzug?

Zürcher: In der Fertigung stehen viele neue Maschinen. Am alten Standort haben wir bewusst nicht mehr investiert, deshalb sind manche Maschinen auch ins Alter gekommen. Das fällt extrem auf. Der zweite Blickfang ist die Begegnungszone ’Time Out’. Früher war die Pause nicht besonders attraktiv. Man machte Pause, weil es per Gesetz so vorgeschrieben ist. Heute finden die Leute am Döggeli-Kasten oder beim Dartspiel zusammen. Da kann man durchaus auch die Zeit vergessen. Jeder kann auf seinem Smartphone die Zeit ein- und ausstempeln. So unkompliziert die verschiedenen Abteilungen miteinander spielen und Spass haben können, so unkompliziert können sie dann auch zusammen arbeiten. Gerade wenn es um Technologieführerschaft geht, wo alles stimmen muss – die Entwicklung, Fertigung, Montage, der Kundendienst und Verkauf – glaube ich, dass dies nur gelingt, wenn die Leute miteinander diskutieren und sich austauschen. Das ist auch der Grund, weshalb wir alles auf einen Standort konzentrieren und nicht das Engineering hier halten, die Fertigung aber beispielsweise nach Tschechien ausgelagert haben. Das ist das, was uns zum weltweit grössten Temperiergerätehersteller für die kunststoffverarbeitende Industrie gemacht hat und macht. 

Mit dem Umzug haben wir auch unsere Fertigungstechnologie geändert. Wir haben z. B. die Wege verkürzt. Früher haben die Montagemitarbeiter das Material mit Transportwagen gesammelt. Aktuell wird ein Temperiergerät in acht Metern Laufdistanz montiert. Die Prozesse wurden nicht nur optimiert, sondern auch an die Mitarbeiter angepasst. Diese können sich auf die Montage fokussieren und müssen sich nicht mehr um die Teilebeschaffung kümmern. Für den neuen Arbeitsplatz der Series 6 haben wir vorgängig diverseste Szenarien durchgespielt. Über 90 % unserer Fertigungsmaschinen arbeiten jetzt mit Robotik im 24/7 Betrieb.

Bei einem Umzug wird oft ‘Altes’ entsorgt und Neues angeschafft. War das bei Ihnen auch der Fall?

Zürcher: Wir nutzten die Gelegenheit, den Maschinenpark mit schnelleren und effizienteren Maschinen zu moderniesieren. Überrascht hat mich, dass wir quasi alles, was wir nicht mehr benötigten, über soziale Medien verkaufen resp. weitergeben konnten. 

Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Zürcher: Wir setzen auf Qualität und Langlebigkeit. Unsere Temperiergeräte halten und halten und halten. Es war schon immer die Philosophie der HB-Therm, Gewinn nicht mit den Ersatzteilen machen zu wollen. Wir möchten unsere Wertschöphung mit dem Gerät realisieren. Das ergibt eine ganz andere Denkweise. So können wir auch eine lebenslange Garantie auf die Heizung geben (bei Series 5 und 6) und neu bei Series 6 auch auf die Durchflussmesser.

Welches sind die tragenden Säulen, die Sie zu einem der weltweit führenden Temperiergerätehersteller macht?

Zürcher: Es gibt nur eine tragende Säule: die Mitarbeiter. Wenn diese nicht motiviert sind, nicht das Beste geben, kann man ein noch so gutes Produkt, eine noch so gute Idee haben, dann funktioniert es nicht.

Alle beklagen den Mangel an Fachleuten. Fehlt es wirklich immer noch an qualifiziertem Personal, jetzt wo die Nachfrage nachlässt?

Zürcher: Ja, es ist schwierig, Fachleute zu finden. Es kommt schon mal vor, dass wir länger suchen müssen, z.B. in der IT. Wichtig für uns ist, dass die Leute passen. Wir versuchen eine kooperative Unternehmenskultur zu schaffen, wir sorgen seit Jahren für die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden und bilden selber auch Lehrlinge aus. Bisher waren dies nur Automatiker, neu bilden wir auch Konstrukteure, Polymechaniker und Applikationsentwickler (IT) aus. Wir haben viele Leute, die bei uns die Lehre gemacht und heute in Führungspositionen sind.

Die vergangenen Jahre waren für HB-Therm sehr erfolgreich. Heute sind die Vorzeichen anders. Maschinenhersteller sprechen von Auftragsrückgängen von 30 %. Wie sieht das bei Ihnen aus und was erwarten Sie vom kommenden Jahr?

Zürcher: Bei uns sieht es analog aus. Wir sind im gleichen Boot. Wir spüren einen starken Rückgang in der Nachfrage. Im Automobilsektor werden derzeit Investitionen zurückgehalten, ebenso in der Elektronikindustrie.  Das Geschäftsjahr 2023 werden wir recht gut abschliessen – da hilft der grosse Auftragsbestend vom Vorjahr. 

Eine Aussage für 2024 zu treffen ist schwierig. Wir gehen davon aus, dass 2024 zu Beginn noch harzig sein wird, die Wirtschaft ab Mitte 2024 dann wieder anzieht. Das ist auch der Grund, weshalb wir an unserem Personal festhalten. 

Über die HB-Therm AG

Geschäftsführer: Reto Zürcher
VR-Präsident: Hans Peter Zürcher
Mitarbeitende: in St. Gallen 100, davon 16 Lernende; in der eigenen Vertriebsgesellschaft in Deutschland: 40
Umsatz Schweiz: 2022 60 Mio CHF
Aktivität: Entwicklung und Herstellung von High-Tech Temperiergeräten für die kunststoffverarbeitende Spritzgussindustrie

1967: Wie alles begann

Die HB-Therm AG wurde 1967 von den Herren Herzog und Brander in St. Gallen, Schweiz, gegründet. Im Jahre 1980 wurde sie von der Firma Grossenbacher Apparatebau übernommen und in deren Tätigkeitsbereich integriert, der sich zu dieser Zeit hauptsächlich mit der Wicklung von Motoren und Transformatoren sowie der Blechbearbeitung befasste. Als damaliger Geschäftsführer der Grossenbacher Apparatebau erkannte Hans Peter Zürcher schon damals das Potenzial der HB-Therm AG und übernahm diese 17 Jahre später im Rahmen eines Management-Buyouts. Mit dieser Übernahme wurde das Unternehmen wieder unabhängig und ist seither in Familienbesitz. Zur damaligen Zeit werden 2000 Geräte pro Jahr gebaut. Seit 2012 wird die HB-Therm AG in zweiter Generation von Reto Zürcher geführt. 2008 wurden 7500 Geräte der Series 5 hergestellt. Die neue Gerätegeneration Series 6 von HB-Therm knüpft mit ihrem Flaggschiff, den Temperiergeräten Thermo-6, nahtlos an den Erfolg ihrer Vorgänger Thermo-5 an. Heute werden 11 000 Geräte im Jahr hergestellt. 

www.hb-therm.com

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