Verpackung ist nicht gleich Verpackung. Für moderne Logistik und automatisierte Produktionsprozesse müssen Boxen, Paletten, Paloxen wesentlich mehr können als nur Waren aufnehmen. Sie werden von Lagerrobotern bewegt, tragen IML-Barcodes, integrierte RFIDs und natürlich das Logo des Besitzers. Die Georg Utz AG hat sich darauf spezialisiert und dafür mit einer KraussMaffei MX 4000-75000 die grösste Spritzgiessmaschine der Schweiz in Betrieb genommen.
Als weltweit agierendes Unternehmen verfügt Utz über 1350 Mitarbeiter und hochmoderne Produktionsstandorte in Deutschland, England, Frankreich, Polen, China, den USA und Mexiko. Der Ursprung der Gruppe liegt in Bremgarten, rund 15 Kilometer westlich von Zürich. Insgesamt laufen in der Gruppe rund 50 Spritzgiessmaschinen von KraussMaffei, davon 22 in der Schweiz mit Schliesskräften ab 800 kN. Für Andreas Schlegel (Leiter Operations / GL) vereint Utz das Beste vieler familiengeführter Betriebe: flache Hierarchie, gutes Betriebsklima, finanzielle Unabhängigkeit und Gestaltungsspielraum für den Einzelnen. Und weil das 75 Jahre junge Unternehmen ausserdem sehr innovationsfreudig und zu 100 Prozent eigenfinanziert ist, kann man zusammen mit der Gruppenleitung auch grosse Entscheidungen, schnell und unabhängig treffen, wie etwa die für eine neue MX 4000-75000 mit einer Schliesskraft von 40.000 kN.
Der Maschinenkoloss reiste auf insgesamt 22 LKW von München nach Bremgarten: Für das Maschinenbett, für jede Platte, pro zwei Holme und viele andere Komponenten jeweils einer. So aufgeteilt, überquerte er zahlreiche Brücken in der wasserreichen Gegend und ging nach 12 Wochen Aufbau wunschgemäss kurz vor Weihnachten in Betrieb.
Termingerechte Inbetriebnahme des Schwergewichts
Für Schlegel war das eine spannende Zeit: „Wir haben einen gruppenweiten Standard für die Maschinenspezifikation. Diese Maschinengrösse war dann aber auch für uns ein Novum. Die Platzverhältnisse waren sehr knapp, die Ausstattung der Maschine wurde nochmals um einige Optionen erweitert. Am Schluss waren alle erleichtert, dass wir bei den Planungen alles richtig gemacht haben, schliesslich müssen viele Schnittstellen aufeinander abgestimmt sein. Inklusive Automatisierung ist die ganze Anlage jetzt viel grösser als vorher.“ Das 4000er-Schwergewicht ersetzte eine ältere Maschine mit 27.000 kN Schliesskraft, die wenige technische Möglichkeiten bot, nur einen einfachen Linearroboter besass und bezüglich Energiebilanz längst nicht mehr auf dem neuesten Stand war.
Die Projektierung von KraussMaffei in der Person von Martin Schönberger arbeitete konzentriert dafür, dass alles klappt, denn so grosse Maschinen werden zwar in München vormontiert, aber letztlich erst auf der Baustelle zusammengesetzt und in Betrieb genommen. Sobald nur ein kleines Teil fehlt, gerät der Zeitplan ins Stocken. Da alles perfekt ablief, endete das Projekt mit einer Punktlandung und Schlegel betont: „Das hat uns sehr gefreut, denn Termintreue ist heute nicht mehr selbstverständlich.“
Bislang verfügte die Georg Utz AG über Schliesskräfte bis 32.000 kN, doch manche Anwendung war dafür schon etwas grenzwertig, so dass man sich zur Repertoireerweiterung entschloss. Auch im Bereich grosser Produkte will der Logistik-Spezialist so die Möglichkeit erhalten, weitere Mehrkavitäten- und Etagenwerkzeuge zu verwenden.
Smarte Automation innerhalb der Zyklustaktzeit
Utz fertigt intelligente Logistik- und Verpackungslösungen wie Paletten, Boxen und Paloxen für unterschiedlichste Branchen. Je höher deren Ansprüche an Rückverfolgbarkeit und automatisches Handling, desto smarter müssen die Behältnisse sein. Genügte es früher an einer Seite einen Barcode anzubringen, so braucht es heute an jeder Seite einen sowie oft zusätzlich applizierte RFIDs oder IML- Barcodes. Das aufgedruckte Kundenlogo ist eine Selbstverständlichkeit. Damit diese und weitere nachgelagerte Produktionsschritte nicht zum ärgerlichen Flaschenhals werden, hat das Team von Utz und KraussMaffei der MX 4000 eine anspruchsvolle und zweistöckige Automation mitgegeben, die alle Prozessschritte innerhalb der Zyklustaktzeit realisiert.
Für Vorhaben wie diese verfügt die Schweizer Firma über ein fünfköpfiges Automatisierungsteam vor Ort, das alles, was nach der eigentlichen Produktionszelle folgt, auch in Eigenregie umsetzen kann. Der LRX TwinZ mit zwei Robotern direkt an der Maschine stammt von KraussMaffei und hat mit einer zwölf Meter langen Z-Achse einen besonders grossen Aktionsradius. Um Projekte und Werkzeuge einfach an andere Standorte verlagern zu können, hat das Utz-Team für jede Tonnage ein Standard-Layout entwickelt, das die wichtigsten Komponenten abdeckt.
Zunehmender Rezyklatanteil
In der Schweiz entstehen auf der neuen MX 4000 im Dreischichtbetrieb etwa 20 verschiedene Produkte mit Gewichten von bis zu 50 Kilogramm. Das Material ist in aller Regel ein Polyolefin wie PP oder HDPE, bisweilen kommen auch ABS oder technische Kunststoffe zum Einsatz. Der Rezyklatanteil liegt derzeit bei 35 Prozent und Utz betreibt dafür eigene Recyclingstandorte, in Bremgarten beispielsweise eine Mühle mit rund 1,2 Tonnen Durchsatz pro Stunde. Hier werden neben internen Produktionsausschüssen zum Beispiel aus Farbwechseln auch Produkte eingemahlen, die nach Ende ihres Lebenszyklus vom Kunden zurückkommen. Hochwertige Post-Industrial- und Post-Consumer-Waste kauft das Unternehmen ebenfalls zu, letzteren in der Regel aufbereitet und compoundiert.
Langfristig soll analog der gruppenweiten Klimastrategie der Recyclinganteil auf 80 Prozent steigen, und hier spielt eine Funktion der KraussMaffei-Maschinen eine besondere Rolle: APCplus, das anhand der Schmelzeviskosität von Schuss zu Schuss den Umschaltpunkt und die Nachdruckhöhe regelt und so für extrem gewichtskonstante Teile sorgt. Chargenschwankungen, die sich aufgrund unterschiedlicher Rohstoffe und Rezyklatanteile ergeben, werden dadurch ausgeglichen.
Für Utz ist wichtig, dass sich dadurch ein breiteres Tor für den Materialeinkauf öffnet, man etwa bei Mahlgut auch unterschiedliche Qualitätsstufen oder Polyolefingemische kaufen kann, die besser verfügbar sind. Seit zwei Jahren ist APCplus an den kleineren Maschinen im Einsatz und der Ausschuss ist in dieser Zeit signifikant nach unten gegangen. Die neue MX ist deshalb ebenfalls damit ausgerüstet.
Digitales Forschungsprojekt mit der Fachhochschule Ost
Ein weiteres digitales Produkt von KraussMaffei verwendet Utz derzeit, um in Zusammenarbeit mit dem IWK Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung der Fachhochschule Ost eine Predictive-Quality-Lösung zu entwickeln. Der DataXplorer kann pro Sekunde bis zu 500 Signale von Maschine und weiteren Sensoren abspeichern und in Kurven darstellen. Geklärt werden soll nun, wie viele davon nötig sind, um zuverlässig gute Bauteile vorherzusagen.
Auch vorhanden ist das bewährte Temperiersystem Orca, das für die Messung der Durchflussrate Schallwellen nutzt – wie Schwertwale zur Orientierung. Orca überwacht und regelt alle 120 Kühlkreise der MX 4000 und sorgt damit für einen optimalen Wärmeaustausch bei stabiler Prozessführung. Das Ergebnis ist eine deutliche Energieeinsparung. Bei der Einführung von Orca bei Utz vor einigen Jahren – es war das erste System in der Schweiz – zeigte sich, dass man sich aufeinander verlassen kann. Als es am Anfang etwas hakte, half die proaktive Zusammenarbeit von beiden Unternehmen und Teams, um die Temperierlösung optimal aufzustellen. Geblieben ist die gegenseitige Wertschätzung.
Exzellenter Service
Diese spielt bei neuen Investitionen eine wichtige Rolle. Andreas Schlegel: „Wir analysieren Maschinenlieferanten hinsichtlich des technischen Standards, der Servicequalität und des Preises. Es ist für uns sehr wichtig, dass die Maschine konstant gut läuft und schnell Hilfe kommt, wenn wir doch mal ein Problem haben. Mit KraussMaffei sind wir da sehr zufrieden.“ Das ist sicher auch ein Verdienst von Bruno Schleiss, dem langjährigen Geschäftsführer von Krauss-Maffei (Schweiz) AG mit seinem Team.
Insofern wird man bei künftigen maschinellen Erweiterungen in der Utz-Gruppe sicher wieder miteinander reden. Bei der Georg Utz AG in Bremgarten liegt der Fokus bei Prozessoptimierungen und Ersatzinvestitionen. Sie sind auch nötig, um den allgemeinen Herausforderungen zu begegnen, etwa den steigenden Energiekosten und der hohen Volatilität bei den Materialpreisen. Die Kreislaufwirtschaft als Megatrend setzt einen zusätzlichen Schwerpunkt.
Mit rund 40 Prozent Exportanteil liefert Utz Schweiz seine Produkte hauptsächlich nach Italien, Österreich, Osteuropa, in die skandinavischen Länder und nach Ozeanien. Nächstes Ziel ist die Steigerung des Gruppen-Umsatzes von derzeit rund 350 Millionen Franken auf 400 Millionen. Es gibt also noch viel zu tun für das Dream-Team von Utz und KraussMaffei.
Kontakt
Krauss-Maffei (Schweiz) AG
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