Die Schweizer Tech-Industrie (Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie sowie verwandte Technologiebranchen) kommt zurzeit nicht vom Fleck. Gegenüber dem Vorjahressemester sanken im ersten Halbjahr 2024 die Umsätze um -5,1 Prozent, die Auftragseingänge um -3,3 Prozent und die Güterexporte um -4,1 Prozent. Dennoch setzen die Firmen der Tech-Industrie weiterhin auf den Standort Schweiz: Drei Viertel der Swissmem Mitgliedfirmen planen in den nächsten drei Jahren in der Schweiz zu investieren.
Die Auftragseingänge in der Schweizer Tech-Industrie reduzierten sich im ersten Halbjahr 2024 gegenüber dem Vorjahressemester um -3,3 Prozent. Damit durchlebte die Branche das sechste Quartal in Folge mit im Vergleich zur Vorjahresperiode rückläufigen Auftragseingängen. Auch die Umsätze sanken gegenüber dem Vorjahressemester um -5,1 Prozent. Von dieser Entwicklung waren Grossunternehmen stärker betroffen als KMU. Die Kapazitätsauslastung in den Betrieben erreichte im zweiten Quartal noch 84,1 Prozent und lag damit unter dem langjährigen Mittel (86,2%). Mit 329’900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigte die Tech-Industrie im zweiten Quartal 400 Personen weniger als im Vorquartal.
Exporte: Asien top, Europa flop
Die Güterausfuhren der Schweizer Tech-Industrie sanken im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahressemester um -4,1 Prozent und erreichten einen Wert von 34,6 Milliarden Franken. Enttäuschend ist insbesondere die Absatzentwicklung in den europäischen Märkten (EU -6,8%), wobei Deutschland mit einem Rückgang von -8,4 Prozent besonders schwach ausfiel. Hier scheinen sich die Probleme in der Automobilindustrie, die hohen Energiekosten für energieintensive Branchen sowie die wachstumsfeindliche und regulierungswütige Politik der EU negativ auszuwirken. Hingegen legten die asiatischen Absatzmärkte, allen voran China (+6,6%) und Indien (+5,4%), gegenüber dem Vorjahressemester spürbar zu. Auch in die USA nahmen die Exporte zu (+2,3%). Fast alle Warengruppen waren von einem Exportrückgang betroffen. So sanken die Güterausfuhren im Maschinenbau um -5,2 Prozent, bei den Metallen um -5,0 Prozent und bei den Präzisionsinstrumenten um -3,3 Prozent. Einzig im Bereich der Elektrotechnik / Elektronik erfolgte ein leichter Exportzuwachs (+0,7%).
Noch keine Trendwende in Sicht
«Die Geschäftszahlen der Schweizer Tech-Industrie zeigen, dass sich die Erholung weiter verzögert», sagt Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem. «Zugespitzt formuliert, liegen die Probleme unserer Firmen in Deutschland, wohin rund ein Viertel der Exporte geht. Die Schweizer Tech-Industrie hat kein strukturelles Problem. Aber die Rezession in unserem Nachbarland wirkt sich zwangsläufig auf unsere Branche aus». Die wichtigsten Indikatoren wecken wenig Hoffnungen für eine Trendwende im zweiten Halbjahr 2024.
Der Stand des Einkaufsmanagerindex (PMI) in der Industrie weist in den meisten europäischen Märkten weiterhin auf eine Kontraktion hin. Wachstumsimpulse erwarten die Firmen lediglich von aussereuropäischen Märken, namentlich aus Indien und den USA. Hoffnungen setzt Stefan Brupbacher in das kommende Jahr: «Ich gehe davon aus, dass 2025 eine Trendwende einsetzen wird». Diese Einschätzung wird durch die Swissmem Mitgliedfirmen gestützt. Für die kommenden zwölf Monate gehen 32 Prozent der Unternehmen von steigenden Aufträgen aus dem Ausland aus. Der Anteil jener, die tiefere Aufträge erwarten, beträgt 25 Prozent. Mit gleichbleibendem Geschäftsgang rechnen 43 Prozent.
Der Werkplatz Schweiz ist attraktiv
Trotz des Abschwungs und des schwierigen geopolitischen Umfeldes blieben die Margen in den Swissmem Mitgliedfirmen zwischen 2021 und 2023 relativ konstant. Das zeigt die grosse Resilienz und Anpassungsfähigkeit der Schweizer Tech-Industrie. Allerdings ist jede fünfte Firma in der Verlustzone, und ein Viertel der Unternehmen erzielt eine nur leicht positive Marge.
Die Unternehmen setzen aber weiterhin auf den Standort Schweiz. Gemäss einer Swissmem-Umfrage planen drei Viertel der Firmen in den nächsten drei Jahren in der Schweiz zu investieren. Im Vordergrund stehen Investitionen in Produktionskapazitäten und Sachanlagen, in die Digitalisierung sowie in die Produktentwicklung. Für die Schweiz spricht trotz Fachkräftemangel die hohe Qualifikation der verfügbaren Arbeitskräfte; dies dank der dualen Berufsbildung, den erstklassigen Hochschulen sowie wegen der Personenfreizügigkeit einfachen Rekrutierung aus der EU. Zudem ist der Arbeitsmarkt flexibler als in den Nachbarländern.
Wenig überraschend sind die Gründe, warum sich Firmen gegen Investitionen in der Schweiz entscheiden: Es sind dies primär die hohen Lohnkosten und der starke Franken. Er sorgt in der exportorientierten Tech-Industrie regelmässig für starken Gegenwind. Für Swissmem ist es deshalb wichtig, dass die SNB im Rahmen ihres Auftrages rechtzeitig adäquate Massnahmen ergreift, sollte es wieder zu schockartigen Aufwertungsschüben kommen.
Martin Hirzel, Präsident Swissmem, sieht sich durch die Umfrageergebnisse bestätigt: «Der Industriestandort Schweiz ist nach wie vor sehr attraktiv. Das liegt vor allem an den insgesamt guten Rahmenbedingungen.» Einer der grössten Standortvorteile ist gemäss Umfrage der liberale Arbeitsmarkt. «Die überragende Bedeutung des liberalen Arbeitsmarktes ist für Swissmem ein klarer Auftrag, dass die Wirtschaftsverbände den Gewerkschaften im Rahmen der Verhandlungen über die Bilateralen III keine Geschenke machen dürfen. Deshalb erteile ich den gewerkschaftlichen Forderungen, die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen zu erleichtern, eine deutliche Absage. Denn damit würde der liberale Arbeitsmarkt ausgehebelt.» Swissmem unterstützt den Bundesrat in den laufenden Verhandlungen zu den Bilateralen III – aber nicht um jeden Preis.