Die händische Einsenkung von 18 Messingbuchsen in einen Kunststoffrahmen für ein Steuergerät war für den Produzenten ein aufwändiger und damit kostenintensiver Prozess. Mit dem Ultraschallschweissen bot sich eine effiziente Alternative, die die Taktzeiten erheblich verkürzte und sich dadurch auch finanziell lohnte – trotz geringer Stückzahlen.
Mit Produktionszeiten von mehr als drei Minuten pro Bauteil war die Bestückung eines Kunststoffrahmens für die apra-plast Kunststoffgehäuse-Systeme GmbH bisher eine zeitaufwändige Aufgabe. Grund für die langen Taktzeiten waren die insgesamt 18 Messingbuchsen, die mittels Wärme einzeln in den Rahmen eingesenkt werden mussten. Ein automatisiertes Verfahren rechnete sich aufgrund der geringen Stückzahl nicht. Auch das Umspritzen der Buchsen als alternativer Prozess schied aufgrund hoher Kosten aus.
Die Herrmann Ultraschall GmbH & Co KG erfuhr in einem der regelmässigen Austausche mit apra-plast von der Herausforderung und kam mit einer Idee für ein effizienteres Verfahren auf den langjährigen Geschäftspartner zu. In gemeinsamer Zusammenarbeit konnte eine spezielle Ultraschall-Schweisslösung entwickelt werden. Das Ergebnis: Die Produktionszeiten des Bauteils wurden deutlich verkürzt und die Wirtschaftlichkeit des gesamten Prozesses gesteigert.
Fünfmal so schnell dank spezieller Messer-Sonotrode
Die Fügeaufgabe bestand darin, mit Hilfe von Ultraschall mehrere Messingbuchsen gleichzeitig in den Kunststoffrahmen aus Polycarbonat einzusenken. Dafür wurde zunächst eine spezielle Sonotrode entwickelt, die alle Buchsen pro Rahmenseite gleichzeitig präzise einsenken kann. Die bisher notwendigen 18 Arbeitsschritte für den Komplettrahmen konnten auf vier verringert werden, wodurch sich die Taktzeit auf knapp 40 Sekunden senkte – das entspricht nur noch einem Fünftel der ursprünglichen Dauer.
Während des Schweissvorgangs selbst liegt die sogenannte Messer-Sonotrode über eine ganze Rahmenlänge auf allen Messingbuchsen dieser Seite gleichzeitig auf. Die Buchsen werden durch den Ultraschall zum Schwingen angeregt, übertragen den Schall auf den Kunststoffrahmen und leiten den Schmelzvorgang ein. Die Schmelze fliesst in die Hinterschnitte der Buchsen ein, wodurch eine feste Verbindung erzeugt wird. Durch dieses Vorgehen können die Messingbuchsen vollständig in den Rahmen eingebettet werden, während gleichzeitig dessen Material geschont wird. So entsteht ein optisch einwandfreies Ergebnis.
Beim Schweissprozess ist das vollständige und gleichmässige Einsenken der Buchsen essenziell, da der Rahmen für die Herstellung des Endprodukts, ein Steuergerät, mit einem Gegenstück verschraubt wird. Unregelmässigkeiten auf der Oberfläche, wie etwa durch hervorstehende Buchsen, könnten dafür sorgen, dass beide Teile des Kunststoffgehäuses später nicht dicht miteinander verbunden werden.
Um ein gleichmässige Einsenken der Buchsen gewährleisten zu können, muss das Bauteil während des Schweissvorgangs in der Maschine vollständig plan liegen und bewegungsfrei fixiert werden können. Hierfür wurde eine spezielle Werkstückaufnahme mit Einfräsungen entwickelt. Sie ermöglicht es dem Anwender, das Bauteil sicher in der Werkstückaufnahme einzulegen, festzuspannen und die erste Rahmenseite zu schweissen. Danach wird das Teil gedreht und mit der zweiten Rahmenseite neu fixiert und ebenfalls verschweisst. Mit insgesamt vier Schritten sind alle 18 Buchsen eingebettet. Im Projektentwicklungsprozess war es schliesslich die Kombination aus speziell gestalteter Sonotrode und Werkstückaufnahme, die für den langen Rahmen mit 310 mm Kantenlänge einen prozesssicheren Ultraschall-Schweiss- bzw. Einsenkvorgang ermöglichte.
Eine Maschine für mehrere Anwendungen
Um die Amortisationszeit der Ultraschall-Schweissmaschine zu reduzieren, schlug das Engineering Team von Herrmann anhand der aktuellen Projekte von apra-plast weitere Einsatzmöglichkeiten vor. Durch das Schnellwechselsystem für die Schweisswerkzeuge kann die Schweissmaschine in wenigen Minuten für eine andere Anwendung umgerüstet werden. Zusätzlich zum Rahmen wurde ein weiteres Projekt umgesetzt, das ebenfalls in Kleinserie gefertigt wird.
Bei diesem Produkt handelt es sich um das Kunststoffgehäuse eines Messgeräts, in das ein Sichtfenster aus Plexiglas (PMMA) eingelassen wird. Die Scheibe wurde bisher von Hand geklebt, was jedoch mehrere Nachteile mit sich brachte. So muss die Verbindung zwischen den Bauteilen wasserdicht sein, um die reibungslose Funktionalität des Endprodukts zu gewährleisten. Durch den Einsatz von Kleber kam es jedoch immer wieder zu Lufteinschlüssen, die die Dichtheit gefährdeten. Zudem konnten die Bauteile durch den händischen Klebevorgang verrutschen, worunter nicht nur die Dichtheit, sondern auch die Optik des Endprodukts leiden. Erste Tests ergaben, dass der Einsatz von Ultraschall hier zu einer Steigerung der Produktqualität beitragen konnte. Das Sichtfenster wird durch das Ultraschallschweissen absolut dicht mit dem Kunststoffgehäuse verbunden. Der Verzicht auf Kleber wiederum sichert auch ein optisch einwandfreies Ergebnis und schafft eine umweltverträgliche Verbindung ganz ohne Zusatzstoffe. Ein entscheidendes Kriterium für den Einsatz der Ultraschall-Schweisstechnologie bestand auch in der Möglichkeit der Prozessüberwachung: Indem jeder einzelne Schweissvorgang genau überwacht und validiert werden kann, sorgt die Maschine für eine bisher unerreichte Prozesssicherheit.
Erfolgsfaktoren Schulung und Beratung
Mit diesen beiden entwickelten Lösungen arbeitet apra-plast zum ersten Mal mit der Ultraschall-Schweisstechnologie. Ausschlaggebend für die Entscheidung war eine eingehende Grundlagenschulung zum Ultraschallschweissen sowie Beratung hinsichtlich der finanziellen als auch der technischen Machbarkeit des Projekts. Mit einer Leihmaschine konnte der Kunde Tests unter realen Produktionsbedingungen im eigenen Haus durchführen und sich bereits vorab mit dem Einsatz der Technologie vertraut machen.
Fazit
Die entwickelte Schweisslösung verdeutlicht, dass sich der Einsatz von Ultraschall auch bei kleinen Losgrössen lohnen kann. Voraussetzung hierfür ist eine umfassende Betreuung über die gesamte Projektdauer hinweg, sodass eine vielseitig anwendbare Maschine entwickelt werden kann. Gerade händischen Fügeverfahren gegenüber bietet das Ultraschallschweissen den grossen Vorteil von schnelleren Produktionszeiten und einer Steigerung der Produktqualität, sodass ganze Herstellungsprozesse wirtschaftlicher, effizienter und auch nachhaltiger gestaltet werden können.