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Durchbruch im Recycling von GFK-Abfällen

Glasfaserverstärkte Duromere gelten in der Industrie als nicht recyclebar und sind deshalb ein grosses Entsorgungs-problem. Dem Schweizer Start-Up iwas-concepts AG ist es gemeinsam mit dem Institut für Kunststofftechnologie der FHNW jedoch gelungen, eine kreislauffähige Lösung für diese Problematik zu finden. Für die Markteinführung sucht Iwas derzeit nach geeigneten Partnern.
GFK-Abfälle, Recycling
Unterschiedliche Quellen von GFK-Abfällen

Glasfaserverstärkte Duromere gelten in der Industrie als nicht recyclebar und sind deshalb ein grosses Entsorgungs-problem. Dem Schweizer Start-Up iwas-concepts AG ist es gemeinsam mit dem Institut für Kunststofftechnologie der FHNW jedoch gelungen, eine kreislauffähige Lösung für diese Problematik zu finden. Für die Markteinführung sucht Iwas derzeit nach geeigneten Partnern.

Autor: Tim Voegelin, Partner, iwas-concepts AG

Unsere Gesellschaft ist im Wandel. Themen wie der Klimawandel, Umweltschutz und Nachhaltigkeit gelangen immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit und setzen die Politik und die Industrie unter Druck. Auch die Kunststoffindustrie spürt diesen Paradigmenwechsel und sieht sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Produkte aus Plastik stehen in Verruf. Wenn die Branche in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin als innovativ und zukunftsorientiert gelten möchte, muss sie schleunigst umdenken und nicht nur von Nachhaltigkeit sprechen, sondern diese auch konsequent umsetzen.

Im Zusammenhang mit Kunststoffrecycling spricht man oft von PET-Flaschen, Strohhalmen, Einwegverpackungen oder Plastiktüten. Doch es gibt zahlreiche andere Kunststoffanwendungen, die in grossem Stil hergestellt und verbaut werden, über deren Recycling in der breiten Öffentlichkeit jedoch kaum gesprochen wird. Glasfaserverstärkte Kunststoffe auf Basis duromerer Harze (GFK) erfreuen sich seit längerer Zeit einer steigenden Nachfrage und kommen in einer Vielzahl an Anwendungen zum Einsatz. Das Material gilt jedoch als schwierig zu recyceln und so hat sich abseits der öffentlichen Wahrnehmung eine Entsorgungsproblematik aufgebaut, welche die globale Abfallkrise weiter befeuert. Diesen Zustand will die iwas-concepts AG (Iwas) ändern und hat sich deshalb auf die Suche nach einer Recyclinglösung für GFK-Abfälle gemacht.

GFK verfügen über eine Vielzahl an Eigenschaften, die den Werkstoff für die Industrie interessant machen. Sie sind günstig in der Herstellung, leicht, stabil, witterungsbeständig und entsprechend langlebig. Deshalb werden unzählige Anwendungen, wie beispielsweise Rotorblätter von Windenergieanlagen, Bootsrümpfe, Karosserieteile von Autos, Wohnwagen und zahlreiche Industrieanwendungen aus diesem Material gefertigt. Europaweit wurden im Jahr 2019 1141 Millionen Tonnen GFK hergestellt und in diversen Industrien eingesetzt.

Das Recycling von GFK ist komplex

Doch auch GFK-Anwendungen erreichen mit der Zeit ihren End-of-Life und müssen fachgerecht entsorgt werden. Das Recycling von GFK ist aber komplex, weil sich die duromeren Harze im Gegensatz zu Thermoplasten nicht einschmelzen und zu neuen Anwendungen verarbeiten lassen. Auch ist eine Auftrennung von Matrix und Glasfaser nur schwierig möglich. Die tiefen Herstellungskosten für Glasfaser-Neuware ist einer der Hauptgründe, weshalb sich bis heute noch kein GFK-Recycling im Sinne der Kreislaufwirtschaft am Markt etablieren konnte. Europaweit fallen jährlich mehr als 200’000 Tonnen GFK-Abfälle an, für die keine Verwendung mehr zu bestehen scheint.

Das Recycling von GFK ist ein altbekanntes Problem, weshalb schon verschiedene Unternehmen und Forschungseinrichtungen nach Lösungen für dieses Problem gesucht haben. So wurden unter anderem thermische (Pyrolyse) und chemische (Solvolyse) Recyclingansätze untersucht, welche sich aufgrund ihrer schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnisse als nicht rentabel erwiesen und sich deshalb am Markt nie durchsetzen konnten.

Abfälle aus glasfaserverstärkten Kunststoffen werden heute zu einem kleinen Teil thermisch recycelt. Dabei wird aus den GFK-Abfällen ein Ersatzbrennstoff gefertigt, welcher bei der Herstellung von Zement verbrannt wird. Die überwiegende Mehrheit der Abfälle wird jedoch auf Deponien entsorgt. Beide Ansätze führen dazu, dass die im GFK-Abfall enthaltenen wertvollen Ressourcen verloren gehen und nicht wiederverwendet werden können.

Recycling von GFK-Abfällen ist möglich und sinnvoll

An diesem Punkt haben Iwas und das Institut für Kunststofftechnik (IKT) der FHNW angesetzt und gemeinsam ein von Innosuisse gefördertes Projekt lanciert. Das Ziel bestand darin, aufzuzeigen, dass ein Recycling von GFK-Abfällen im Sinn der Kreislaufwirtschaft unter Berücksichtigung technischer, ökologischer und ökonomischer Gesichtspunkte möglich und sinnvoll ist.

Damit aus den GFK-Abfällen ein hochwertiges Rezyklat gefertigt werden kann, muss eine gleichbleibende, hohe Qualität der Ausgangsstoffe gewährleistet werden. Hierfür haben das IKT, Iwas und Partnerfirmen Spezifikationen erarbeitet, nach welchen die GFK-Abfälle vorprozessiert werden. Um den Prozess einfach zu halten, erfolgt dieser Schritt mechanisch.

Anschliessend werden diese aufbereiteten Abfälle zu einem Hybrid-Rezyklat weiterverarbeitet. Dieses Hybrid-Rezyklat enthält neben GFK-Abfall eine thermoplastische Matrix, welche als Industrie-Rezyklat oder Post-consumer-Rezyklat vorliegt. Mittels Compoundierung und unter der Beigabe diverser Additive werden die Ausgangsmaterialien zu einem homogenen Compound und anschliessend zu Granulat verarbeitet.

Von iwas-concepts AG entwickeltes Rezyklat in Granulatform

Das IKT hat unterschiedliche Granulat-Formulierungen entwickelt, welche auf das jeweilige Verarbeitungsverfahren optimiert wurden. Die Granulate können auf den gängigen Anlagen der verarbeitenden Industrie, sprich mittels Spritzguss, Extrusion oder Fliesspressen, zu unterschiedlichen Produkten verarbeitet werden. Diese Produkte können nach ihrem End-of-Life wiederum zu 100% zu Granulat aufbereitet werden, wodurch der Wertstoffkreislauf geschlossen werden kann. Die technische Machbarkeit der entwickelten Lösung wurde in zahlreichen Labor- und Feldtests nachgewiesen.

Das Projekt wurde eng vom Institut für Biomasse und Ressourcen Effizienz (IBRE) der FHNW begleitet. Das IBRE fertigte eine Life Cycle Analysis gemäss ISO 14040 an. Diese zeigt eindeutig auf, dass der entwickelte Recycling-Ansatz den heute gängigen Methoden (thermisches Recycling respektive Deponierung) deutlich überlegen ist. Durch die Wiederverwertung der GFK-Abfälle können Ressourcen geschont werden, die andernfalls für die Herstellung von Neuware benötigt worden wären. Dies zeigt sich am deutlich geringeren CO2-Ausstoss respektive den deutlich weniger Umweltbelastungspunkten, welche der Iwas-Ansatz verglichen zu herkömmlichen Entsorgungswegen aufweist.

Anreiz für das Recycling schaffen

Die technologische und ökologische Machbarkeit des GFK-Recyclings konnten von Iwas, dem IKT und dem IBRE nachgewiesen werden, doch wie steht es um die ökonomische Machbarkeit? Um diese Frage zu beantworten, bedarf es einer differenzierten Betrachtung. Für die Entsorgung von GFK-Abfällen als EBS in der Zementproduktion bezahlt der Abfallverursacher Stand heute einen bestimmten Preis an einen Aufbereitungsbetrieb. Dieser Betrieb bezahlt wiederum den Zementhersteller, damit dieser den GFK-Ersatzbrennstoff annimmt. Für den Aufbereiter der GFK-Abfälle ist dies ein Differenzgeschäft.

Der Ansatz von Iwas funktioniert anders. Iwas bezahlt seinen GFK-Lieferanten einen Preis, um das Material in der benötigten Qualität zu erhalten. Dadurch entsteht ein Anreiz, GFK-Abfälle nicht zu verbrennen, sondern aufzubereiten und als Rohstoff wiederum in den Werkstoffkreislauf zu führen.

Die Rezyklate von Iwas können preislich mit faserverstärkter Neuware mithalten, je nach Vergleichsmaterial kann der Verkaufspreis aber geringfügig höher ausfallen. Diese eventuellen Mehrkosten lassen sich durch die aufwändige Herstellung des Hybrid-Rezyklates rechtfertigen und mittels geeignetem Storytelling an die Endkundinnen und -kunden weiterverrechnen. Ob sich die Materialien am Markt durchsetzen, werden die kommenden Monate und Jahre zeigen. Iwas hat ihre Hausaufgaben gemacht und bewiesen, dass GFK-Recycling möglich und sinnvoll ist.

Der Markteintritt ist nach Abschluss letzter noch ausstehender Feldtests für das Q3 2021 geplant. Für diesen Schritt ist Iwas noch auf der Suche nach Partnerunternehmen, welche das Start-up bei der Skalierung ihrer Recycling-Lösung auf industrielles Niveau unterstützen können.

Kontakte

IWAS AG
Hauptstrasse 61
CH-4107 Ettingen
+41 61 721 3663
www.iwas-concepts.ch

Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
Hochschule für Technik
Klosterzelgstrasse 2
CH-5210 Windisch
+41 56 202 99 00
www.fhnw.ch

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