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Maschinenbau im Fokus

Grosses Interesse am diesjährigen Kunststoff-Symposium. (Bild: Raphael Hegglin)

Thema des diesjährigen Kunststoff-Symposiums am KATZ lautete «Kunststoffe im Maschinenbau: Innovation und Präzision für den Erfolg». Es ermöglichte Einblicke in die verschiedenen Zweige der Kunststoff- und Maschinenbau-Branche – und zeigte auf, wie interdisziplinär die Entwicklung und die Produktion hochpräziser Kunststoffteile geworden sind.

Von Raphael Hegglin

«Der Einsatz von Kunststoffen hat die Maschinenbauindustrie in vielerlei Hinsicht verändert. Er ermöglicht nicht nur leichtere, günstigere und nachhaltigere Komponenten: Oftmals wäre ohne Kunststoffe der Bau von Schlüssel-Komponenten gar nicht möglich.», sagte Rémy Stoll, Geschäftsführer des KATZ zum Auftakt des diesjährigen Kunststoff-Symposiums.

Der Vormittag stand im Zeichen spannender Referate. (Bild: Raphael Hegglin)

Sinnbild für solche Bauteile sind zum Beispiel Brüheinheiten von Kaffeevollautomaten: «Sie bestehen zum grössten Teil aus hochpräzisen Kunststoffteilen. Erst als es möglich wurde, solche Teile zu fertigen, konnte diese Art von Kaffeemaschinen überhaupt entwickelt und hergestellt werden», erklärte Stoll. Und: «Die Herstellung von Brüheinheiten ist eine Schweizer Spezialität, wir decken den Grossteil des Weltmarktes ab.»

Gelungener Ersatz

Kühlwassermodul aus Kunststoff (Bild: HB-Therm)

Um komplexe Kunststoffteile für den Maschinenbau herstellen zu können, ist Fachwissen aus unterschiedlichen Gebieten der Wissenschaft und der Technik erforderlich. Diesem Umstand entsprechend, war die Themenvielfalt der Referate am Kunststoff-Symposium gross. Zum Auftakt zeigte Muhammed Kakis, Communication and Business Development Manager bei HB-Therm, die Vorteile eines Ersatzes von Messing durch Kunststoff am Beispiel des Kühlwassermoduls der Thermo-6-Temperiergeräte auf. Der kompakte Block wiegt in der neuen Ausführung rund 65 % weniger als die bisherige Messingvariante, zudem ermöglicht der Umstieg auf faserverstärkten Kunststoff eine Kosteneinsparung von 90 %, geringeren Ressourcenverbrauch und einen vielfach kleineren CO2-Fussabdruck.

Bei präzisen Spezialteilen steckt der Teufel oft in den Details. An ihnen entscheidet sich, ob ein Produkt hohe Qualitätsanforderungen erfüllen kann oder nicht. So zum Beispiel Kunststoff-Membranen: Sie sind Grundvoraussetzung für viele geschlossene Bauteile wie beispielsweise Autoscheinwerfer-Gehäuse, denn sie ermöglichen es, Druckschwankungen auszugleichen. Membranen müssen dabei nicht nur anwendungsspezifische Eigenschaften aufweisen, sondern auch sauber mit dem Gehäuse verbunden sein. Jürgen Lehmann, Maschinenbautechniker und Vertriebsgebietsleiter Süd bei der MS Ultraschall Technologie GmbH veranschaulichte in seiner Präsentation die Funktionsweise des Ultraschallschweissens und die hohen Anforderungen an den Schweissprozess.

Erfolgsfaktor interdisziplinäres Denken

Um Bauteilanforderungen und Verarbeitungsdetails ging es auch in den darauf folgenden Referaten: Matthias Schellenberg, Leiter der Abteilung Physikalische Analytik bei Suisse Technology Partners erörterte die Anforderungen Barriereverpackungen, Martin Züger Gründer, Inhaber und Geschäftsführer der PinPlus AG erklärte, wie zuverlässige Bauteilauslegungen jenseits der Linear-Elastizität funktionieren und Ralf Schindel, CEO Prodartis AG, zeigte auf, für welche Bauteilgrössen und -arten sich die industrielle additive Fertigung lohnt und wo das Spritzgiessverfahren von Vorteil ist. Im Anschluss rundete Fabian Meier, Ausbildungsleiter beim KATZ mit sieben Tipps für die erfolgreiche Gestaltung von Kunststoffbauteilen die Vortrags-Serie ab.

Der Nachmittag startete mit Themen rund um die Aus- und Weiterbildung im Kunststoff- und allgemein im Ingenieurbereich. Durch Peter Flohr, Direktor der neu gegründeten Hochschule für Technik und Umwelt der FHNW, erfuhren die Zuhörenden, welche Schwerpunkte ein zukunftsgerichtetes Ingenieur-Studium heute beinhalten sollte. Neben einer soliden Grundlagenausbildung nannte er projektorientiertes Lernen und die Digitalisierung. «Programmieren gehört heute einfach dazu», sagte er und unterstrich damit, wie wichtig der letztgenannte Punkt geworden ist.

Mit wachsender Produktkomplexität und vielfältigen Anforderungen werde interdisziplinäre Zusammenarbeit zum entscheidenden Erfolgsfaktor, sagte anschliessend Rémy Stoll. Das KATZ reagiere darauf mit der Transformation klassischer Bildungsräume hin zu zweckorientierten Lernfabriken. Diese fördern das Verständnis zwischen den Disziplinen und richten das gemeinsame Handeln auf das Gesamtziel aus.

35 Aussteller vor Ort

Miniatur-Utz-Box aus der smarten Lernfabrik. (Bild: Raphael Hegglin)

Eine solche «smarte» Lernfabrik war auch Bestandteil der darauffolgenden interaktiven Ausstellung. Sie bestand aus einem fünfteiligen Produktionsprozess, der diverse Arbeitsschritte und Technologien der Kunststoffbranche beinhaltete: Den Anfang bildeten das Spritzgiessen von Miniatur-Utz-Boxen auf einer Arburg Allrounder 470 A und die anschliessende Qualitätskontrolle mittels optischer Vermessung (Westcam). Die kontrollierten Boxen wurden darauf von einem Kuka-Roboter mit sogenannten «Teufelsknoten» befüllt (produziert auf einer KraussMaffei KM80/180 CX). Parallel dazu folgte der Spritzguss der Deckel auf einer Engel Victory 200/80, worauf diese in einem letzten Schritt durch die Firma TSS bedruckt wurden.

Darüber hinaus gab die Ausstellung spannende Einblicke in die additive Fertigung, die Kreislaufwirtschaft, und in zahlreiche Prüfverfahren – insgesamt waren 35 Firmen mit eigenen Ständen oder Produkten anwesend. Mit dem Kunststoff-Symposium ist es dem KATZ gelungen, verschiedene Zweige der Kunststoffbranche zusammenzubringen, zu vernetzen und damit den für alle wichtigen Knowhow-Transfer zu ermöglichen.

Hinweis

Das nächste Kunststoff-Symposium findet am 2. Juni 2026 statt.

Kontakt

KATZ Kunststoff Ausbildungs- und Technologie-Zentrum
Schachenallee 29c
CH-5000 Aarau
www.katz.ch

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