Die Spritzgiessmaschinenbauer rechnen für 2024 mit Umsatzrückgängen – die einen mehr, die anderen weniger. Sorgen bereiten vor allem die deutsche Automobilindustrie, die hohen Energiepreise und allgemeine Unsicherheit, hervorgerufen durch die geopolitische Lage. Verschiedene Spritzgiessmaschinenhersteller informierten im Vorfeld resp. an der Fakuma über die wirtschaftliche Situation.
Von Marianne Flury
Stand Oktober geht Arburg für das laufende Geschäftsjahr von einem konsolidierten Umsatz von rund 620 Mio. Euro (Vorjahr 784 Mio. Euro) aus. «Im Jahr 2024 gab es dank einiger schöner Projekte zwar punktuelle Erfolgsgeschichten, aber die Situation bei den Auftragseingängen ist und bleibt nach wie vor schwach», informierte Steffen Kroner, seit 1. Juli 2024 Geschäftsführer für den Bereich Finanzen, Controlling, IT und Personalmanagement bei Arburg. Zentrales Ziel des Unternehmens ist es, mit seinen digitalen Lösungen die Kunden stark und resilient zu machen, damit sie die Aufgaben von heute und morgen erfolgreich meistern können.
Die Marktschwäche betrifft alle Regionen und Branchen. «Europa bewegt sich auf einem einigermassen konstanten Niveau gegenüber dem Vorjahr», verdeutlichte Tobias Baur, der seit dem 1. Oktober bei Arburg als Geschäftsführer für Vertrieb und After Sales zuständig ist. Hierbei sei Osteuropa ein kleiner Lichtblick. Deutliche Schwächen sieht das Unternehmen in der Marktentwicklung in Amerika. Auch Asien bleibe ein herausfordernder Markt. Bezüglich Branchen verharrt der Mobility-Sektor – insbesondere die Automobilindustrie – auf schwachem Niveau. Die EE-Branche habe etwas an Stärke verloren, sei aber noch auf einem guten Level. Auch die Branchen Medical und Packaging seien relativ stabil, so Baur.
Das After-Sales-Geschäft ergibt insgesamt ein sehr positives Bild und bewegt sich auf dem Niveau des Vorjahres. «Das zeigt, dass unsere Kunden produzieren, derzeit jedoch vorsichtig agieren. Wir sehen aber gerade die Situation im After-Sales-Geschäft als positives Signal, dass zeitnah auch wieder Neuinvestitionen getätigt werden», gibt sich Baur optimistisch.
Aktuell beschäftigt das Familienunternehmen 3700 Mitarbeitende, davon 3000 am Stammsitz in Lossburg und weitere 100 in Deutschland.
Anzeichen für einen leichten Aufwärtstrend
Engel rechnet für das laufende Geschäftsjahr (31. März) mit einem Umsatzrückgang von 7 Prozent (von 1,6 auf 1,5 Mrd. Euro) und steht damit im Vergleich zu anderen Unternehmen recht gut da. 51% des Umsatzes wird in Europa generiert, 31 % in Amerika, 16 % in Asien und 2 % in weiteren Regionen. Einen Lichtblick gibt der Auftragseingang, der aktuell 2 Prozent höher ist im Vergleich zum Vorjahr. «Das gibt Anlass zur Hoffnung auf eine wirtschaftliche Stabilisierung, wenn auch auf niedrigem Niveau», stellte Christopher Vitz, Regional President Central Europe von Engel fest. In Europa, insbesondere in der DACH-Region, verlaufe die Entwicklung trotz negativer Stimmung nahezu planmässig. Wichtig sei die Bodensatzbildung. Eine Trendumkehr sei derzeit zwar erkennbar, jedoch brauche es Zeit, bis sich dies substantiell zu Buche schlage. «Wir gehen nicht davon aus, dass wir im kommenden Jahr die alten Höhen erreichen werden, aber es gibt zumindest Anzeichen für einen leichten Aufwärtstrend», so Vitz.
Amerika entwickle sich mit Ausnahme des Automobilsektors insgesamt positiv, Asien bleibe weiterhin schwach. Eine langsame Erholung der globalen Automobilproduktion mache sich bemerkbar, wobei sich Asien schneller erhole als Europa und die USA.
Um den Herausforderungen Stirn zu bieten, setzt Engel auf massgeschneiderte Lösungen, die es den Kunden ermöglichen, auch unter schwierigen Bedingungen wettbewerbsfähig zu bleiben. «Wir setzen auf exzellente regionale Beratung», betont Vitz. «Dafür hat Engel in Europa ein dichtes Netz an Technologiezentren, die wir weiter ausbauen. Die jüngste und modernste Einrichtung ist das Technologieforum Schweiz, das im Frühjahr 2025 fertiggestellt sein wird», so Vitz weiter.
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, hohen Energiepreisen, Konkurrenzdruck aus dem Osten, bringt CTO Gerhard Dimmler einen weiteren Aspekt ein: «Es muss nicht immer eine High-end-Lösung sein, manchmal genügt auch eine Stufe darunter.» Die Antwort darauf liefert Engel mit den Spritzgiessmaschinen der Marke Wintec. Diese wurden bisher ausschliesslich in China und für den chinesischen Markt gefertigt. Nun sollen sie auch in Mexiko, und auch für den europäischen Markt, produziert werden.
Fokus auf strategische Kernkompetenzen
Die vergangenen zwei Jahre waren für Sumitomo (SHI) Demag schwierige Jahre. Kurzarbeit und Bonusverzicht halfen mit, die Krise zu bewältigen. Durch die weitere deutliche Marktabschwächung in diesem Jahr auf ein Niveau von 50 % werden nun weitere Massnahmen notwendig, kündigte das Management anlässlich der Pressekonferenz an der Fakuma an.
Die Marktschwäche resultiert aus einer weiter gesunkenen Investitionsbereitschaft in der Automobil-, Elektronik- und Bauindustrie. «Ein Wiedererstarken der Investitionstätigkeit in Europa in diesen Branchen ist mittelfristig nicht zu erwarten. Das wird für die nächste Zeit die Realität sein, der wir uns anpassen müssen. Wir sind gezwungen, unsere Kapazitäten auf ein neues, geringeres Niveau einzustellen und so auf Kernkompetenzen zu fokussieren», sprach Christian Maget, CEO der Sumitomo (SHI) Demag, Klartext.
Zudem biete der Produktionsverbund der Sumitomo (SHI) Demag erhebliche Chancen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung durch die weitere Einbeziehung der Standorte in Japan und China. Dadurch könne trotz Marktschwäche die Sicherheit der Standorte in Deutschland gewahrt werden. Geplant sei der Abbau einfacher Produktionsaufgaben bei gleichzeitigem Ausbau der Kompetenz in Engineering und Automation in Deutschland. «Wir sehen hier einen klaren Wettbewerbsvorteil für unser Unternehmen, da wir bereits über produktionserfahrene Standorte und etablierte Lieferketten verfügen. Die aktuelle Marktsituation zwingt uns jetzt zu einem Schritt, der in einigen Jahren sowieso notwendig geworden wäre», erklärte Christian Maget.
Beim geplanten Personalabbau mit strukturellen Veränderungen in der Produktion an den deutschen Standorten steht der Solidaritätsgedanke weiterhin im Vordergrund. Primäres Ziel ist es, den grossen Anteil älterer Mitarbeiter mit einem attraktiven Angebot zur Frührente zu bewegen, um die Arbeitsplätze für jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern. «Eine aktuelle Markterholung in den drei genannten Branchen (Automobil-, Elektronik- und Bauindustrie) sehen wir weder in diesem noch im nächsten Jahr», hielt Anatol Sattel, CSO der Sumitomo (SHI) Demag, fest. «Da sich die Marktkrise im Spritzgiessmaschinenbereich nicht auf Deutschland begrenzt, sondern weite Teile Europas, der USA und China betrifft, können wir den Wegfall wichtiger Märkte wie Russland nicht länger mit unserem internationalen Geschäft kompensieren.»
Chancen sieht der CSO in der starken Integration mit dem japanischen Headquarter und den chinesischen Produktionsstandorten, durch die sich nicht nur Potenziale zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung ergeben, sondern auch Möglichkeiten zum weiteren Ausbau der Marktanteile, gerade im Geschäft vollelektrischer Maschinen und Automation. «Unsere Gene sind und bleiben vollelektrische Maschinen, deren weltweiter Siegeszug uns weitere Marktchancen geben wird», ist Sattel überzeugt.
Es braucht die Automobilindustrie
Etwas weniger hart von der Krise betroffen ist Wittmann. Die Gruppe rechnet für das Geschäftsjahr 2024 mit einem Umsatzrückgang von etwa 10 Prozent auf 360 bis 370 Mio. Euro. Betroffen ist vor allem das Spritzgiessmaschinengeschäft, währenddem sich die Bereiche Materialhandling und Roboter besser entwickeln. «Generell ist die Nachfrage schwach – ganz gleich, ob in Asien, Nordamerika oder Europa», konstatierte Michael Wittmann, Geschäftsführer von Wittmann Technology, im Vorfeld der Fakuma anlässlich einer Pressekonferenz. Sorgenkind ist derzeit Zentraleuropa. Osteuropa habe sich dagegen besser entwickelt.
In den ersten Monaten des Jahres war ein leichtes Anziehen der Geschäfte zu spüren, berichtete Wittmann weiter. Dieser Aufwärtstrend sei aber im August unterbrochen worden. «Aktuell macht sich in fast allen Märkten eine leichte Erholung bemerkbar, aber wir können nicht zufrieden sein», so Wittmann. «Für eine vollständige Erholung braucht es die Automobilindustrie.»
Um die Schwäche des Marktes im Spritzgiessmaschinenbereich abzufedern, arbeitet Wittmann Battenfeld aktuell vier Tage die Woche. Im Bereich Automation und Peripherie wird hingegen an fünf Tagen gearbeitet. Hier beabsichtigt das Unternehmen gar, die Produktionskapazitäten in den nächsten Monaten zu erhöhen. So hat Wittmann im August 2024 in Indien ein neues Werk mit einer Produktionsfläche von 5000 m2 eröffnet. Von hier aus wird der lokale Markt sowie der Mittlere Osten mit IML- und Automationssystemen, Temperiergeräten, Trocknern und Fördergeräten bedient. Zudem erfolgte Ende September 2024 der Spatenstich für Wittmann China. Das bestehende Gebäude in Kunshan wird auf 15 000 m2 vergrössert. Die Fertigstellung ist für Oktober 2025 geplant. Auch in Ungarn und der Türkei sind Investitionen in Produktionsstätten geplant. Insgesamt lässt sich Wittmann dies 10 Mio. Euro kosten. Weitere 10 Mio. Euro sind für Investitionen in Vertriebs- und Servicegebäude in Polen und Bulgarien vorgesehen.
Die Wittmann Gruppe beschäftigt aktuell 2300 Mitarbeitende.
Es gibt auch gut laufende Märkte und Branchen
Wenn es um die Offenlegung von Umsatzzahlen geht, verweist KraussMaffei darauf, dass das Unternehmen als Tochterfirma der KMCL nicht separat an der Börse gelistet ist. Ein Vergleich zum Vorjahreshalbjahr ist aufgrund des Verkaufs von Netstal im März 2024 nicht direkt möglich. Klar ist aber, dass nicht alle Länder und Branchen gleichermassen unter der Krise leiden. «In einigen Ländern spüren wir den angespannten Markt, unter anderem in Europa. Es gibt aber auch einige gut laufende Märkte wie die USA, Indien, Mexico, China und die Türkei, um nur einige zu nennen», sagt Jörg Stech, Executive Vice President IMM und Vorstandsvorsitzender.
Branchenmässig erweist sich die Situation in der Automobilindustrie und Zulieferbranche als schwierig. «Dennoch investieren wir nach wie vor in neue Lösungen in Zusammenhang mit neuen Fahrzeugtechnologien», so Stech. Es gibt auch Branchen, die weiterhin auf einem guten Niveau produzieren. Dazu zählt beispielsweise die Logistic / Packaging Branche (weltweit) sowie die Luftfahrt. «In der Luftfahrt haben wir unter anderem in diesem Jahr mit dem NIAR-Institut und der Firma Fiber Dynamics in den USA Komplettsysteme für zukunftsweisende Strukturbauteile in Leichtbauweise realisiert. Auch partizipieren wir sehr stark im Medizinbereich und sehen im Markt gute Chancen für elektrische Maschinen.»
Der Krise entgegenhalten kann KraussMaffei mit innovativen Technologien und Systemlösungen aus einer Hand, mit denen die Kunden ihre Ressourcen schonen und gleichzeitig ihre Rentabilität erhöhen können. «Einige Beispiele hierfür sind unsere Lösungen für den Leichtbaubereich, unser ColorForm Prozess für die Fertigung und Lackierung von Kunststoffbauteilen in einem integrierten Zyklus, unsere Silcoset-Technologie und vieles mehr. Diese Technologien helfen den Kunden nicht nur kosteneffizienter zu produzieren, sondern reduzieren auch den CO2-Fussabdruck für eine nachhaltigere Zukunft», hebt Stech einige Vorteile hervor.
Von einer Erholumg im Markt sei – mit Ausnahme der oben genannten Märkte – derzeit noch nichts zu spüren. «Aufgrund der Indikatoren und Marktbeobachtungen können wir auch keinen kurzfristigen Aufwärtstrend erkennen», so Stech.
In den letzten drei Jahren hat KraussMaffei Millionenbeträge (200 Millionen Euro) in die Werksinfrastruktur in Deutschland investiert, unter anderem in den neuen Firmensitz in Parsdorf sowie das neue Zentrum für Extrusion in Laatzen. Diese Werke sind eine Investition in die Zukunft: «Sie steigern unsere Effizienz und ermöglichen eine noch bessere Qualität sowie schnellere Lieferzeiten», betont Stech.
KraussMaffei beschäftigt (Stand Halbjahr 2024) in Deutschland 2860 Mitarbeitende, weltweit sind es 4350.
Kontakt
www.arburg.com
www.engelglobal.com
www.kraussmaffei.com
www.sumitomo-shi-demag.eu
www.wittmann-group.com