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Deutschland braucht eine Wachstumsagenda

Der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV) zog im Rahmen seiner Jahres-Wirtschaftspressekonferenz eine durchwachsene Bilanz des vergangenen Jahres. Verbandspräsidentin Dr. Helen Fürst forderte eine Wachstumsagenda für Deutschland.
Die kunststoffverarbeitende Industrie in Deutschland verzeichnete 2023 schrumpfende Umsätze. (Bild: Shutterstock)

Der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV) zog im Rahmen seiner Jahres-Wirtschaftspressekonferenz eine durchwachsene Bilanz des vergangenen Jahres. Verbandspräsidentin Dr. Helen Fürst forderte eine Wachstumsagenda für Deutschland.

Der Umsatz der kunststoffverarbeitenden Industrie in Deutschland lag 2023 bei rund 72,5 Milliarden Euro, was einem Minus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Der Rückgang geht vor allem auf das Konto des Inlandumsatzes (42,3 Mrd. Euro, – 9,4%), während der Umsatz mit dem Ausland mit 30,2 Mtd. Euro (- 0,3%) auf dem Vorjahresniveau blieb. Insgesamt verarbeiteten 1997 Betriebe 12,7 Mio. Tonnen Kunststoff (- 9%), davon waren 2,4 Mio. Tonnen Rezyklate einschliesslich der Nebenprodukte.

Menge und Umsatz der kunststoffverarbeitenden Industrie (Grafiken: GKV)

Angesichts der Umsatzentwicklung und der Unsicherheit über die Rahmenbedingungen im Industrieland Deutschland, haben – laut der jährlich bei den Mitgliedsunternehmen der Trägerverbände des GKV durchgeführten Umfrage – 35 Prozent der Kunststoffverarbeiter 2023 weniger als im Vorjahr investiert. „Auch 2024 sind wenig Impulse bei den Investitionen zu erwarten“, befürchtet Hauptgeschäftsführer Dr. Oliver Möllenstädt. „Besorgnis erregt, dass ein erheblicher Teil der befragten Unternehmen 2023 den Personalbestand verringert hat, was sich deutlich von der Tendenz der Vorjahre unterscheidet.“ Auch für 2024 kündigen 24 Prozent der befragten Unternehmen weiteren Personalabbau an. Der Mangel an Fachkräften und Auszubildenden ist weiter eines der gravierendsten Probleme der mittelständischen Industrie. 72 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen der Verbände klagen aktuell über einen Fachkräfte- oder Arbeitskräftemangel. Insbesondere das Angebot an Verfahrensmechanikern und Kunststofftechnikern am Arbeitsmarkt decke die Nachfrage nicht. „Auch Ausbildungsplätze in technischen Berufen bleiben allzu oft unbesetzt“, so Möllenstädt.

Sorge bereiten vielen Kunststoffverarbeitern auch die teilweise drastisch gestiegenen Kosten, insbesondere für Energie und Löhne. Den meisten Unternehmen gelang es 2023 nur teilweise, die Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. „Diese ungesunde Entwicklung gefährdet die Existenz vieler Kunststoffverarbeiter auf mittlere Sicht“, befürchtet Möllenstädt. Befragt nach den Auswirkungen, wenn sich die Kostensituation in Deutschland 2024 nicht ändert, gaben 58 Prozent an, dass dann ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen unausweichlich sei. Als weitere Konsequenzen wurden Kurzarbeit und die Verlagerung von Produktion ins Ausland genannt.

Konsequenzen, wenn sich die Kostensituation 2024 für die Produktion in Deutschland nicht verbessert.

Erstmals wurden die Kunststoffverarbeiter auch nach ihrer Einschätzung bezüglich des Ausmasses der Kosteneffekte auf ihre Wettbewerbsfähigkeit befragt. Die Befragungsergebnisse machen deutlich, dass die Kosten für Strom, Löhne und Gas die Unternehmen deutlich stärker belasten als zuvor, gefolgt von den Bürokratiekosten.

Raus aus der Rezession

Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise in Deutschland, die zu erheblichen Teilen den aktuell ungünstigen Rahmenbedingugen für die deutsche Industrie geschuldet ist, fordert die Präsidentin des GKV, Dr. Helen Fürst, „eine zukunftsorientierte Wachstumsagenda damit die Industrie in Deutschland in zwei bis drei Jahren wieder Fahrt aufnehmen kann“. Die Agenda müsse insbesondere die Themen Energie, Bürokratie, Investitionen und Digitalisierung adressieren, führte die Präsidentin weiter aus.

Konkret geht es dabei um folgende Anliegen:
1. Deutschland darf bei den Transformationen den energieintensiven Mittelstand nicht vergessen.
2. Innovationen und Wertschöpfung entstehen aus klugen Ideen in den Unternehmen, nicht aus Regelungsflut und Bürokratie.
3. Vorfahrt für Investitionen. Klares Nein zur Plastiksteuer.
4. Deutschland muss die Chancen der Digitalisierung konsequenter als bisher nutzen.

„Ich bin davon überzeugt, die Wachstumsagenda kann die dringendsten Probleme unserer Wirtschaft lösen, Verlässlichkeit und verlorenes Vertrauen wiederherstellen und den Menschen in Deutschland neue Zuversicht geben. Das ist auch die beste Medizin gegen Populismus und Radikalismus“, sagte Fürst.

www.gkv.de

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