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Surfmaterial aus der Schweiz

Die Schweiz ist nicht gerade als Surfnation bekannt. Dennoch lässt FCS, ein australischer Spezialist für Surf-Ausrüstung, die Finnen für Surfbretter hierzulande fertigen. Martin Rudolph, Geschäftsführer des Kunststoffwerks Buchs, erzählt wie es zu dieser aussergewöhnlichen Zusammenarbeit gekommen ist.
Martin Rudolph, Geschäftsführer des Kunststoffwerks Buchs (links). (Bild: svismold)

Die Schweiz ist nicht gerade als Surfnation bekannt. Dennoch lässt FCS, ein australischer Spezialist für Surf-Ausrüstung, die Finnen für Surfbretter hierzulande fertigen. Martin Rudolph, Geschäftsführer des Kunststoffwerks Buchs, erzählt wie es zu dieser aussergewöhnlichen Zusammenarbeit gekommen ist.

Angefangen hat alles mit einem Doppelmeter. Dieser wird im Kunststoffwerk Buchs aus herkömmlichem Polyamid hergestellt. „Es gab immer öfter Rückmeldungen, dass die Kunststoffversion im Vergleich zum Holzmeterstab zu weich sei“, erinnert sich der Geschäftsführer Martin Rudolph. Es gab zwar schon Ideen, wie sich die Steifigkeit erhöhen lässt, die wurden aber immer wieder fallen gelassen, weil es einfach zu aufwendig und zu teuer war.

Schliesslich landeten die Techniker bei faserverstärkten Kunststoffen. Rudolph: „Zuerst spritzten wir direkt ein faserverstärktes Material, das hat in der Festigkeit aber auch nicht gereicht.“ Aber dann kam es zu einer Zusammenarbeit mit einem Unternehmen, das im Bereich Composite-Bauteile Entwicklungsleistungen anbietet. Daraus entstand ein faserverstärkter Meterstab, der einen viel höheren Biegewiderstand besitzt.

Composite-Spritzguss

Bei diesem neuartigen Herstellungsverfahren werden die Glieder des Meterstabs mit Kohlefaser-Tape verstärkt. Die Herausforderung: Das sollte im Spritzgiessprozess funktionieren. Also muss das Tape zuerst ins Werkzeug eingelegt werden, worauf der herkömmliche Spritzgiessprozess mit thermoplastischen Materialien folgt. Das Ergebnis ist ein Kunststoffbauteil, das an der Aussenseite mit Fasermaterial verstärkt ist, und zwar genau an den Stellen, an denen eine erhöhte Steifigkeit gefordert wird.

Beim Doppelmeter war es noch ein herantasten an den Prozess. Die Fertigungstechnologie wurde aber im Rahmen eines Innosuisse-Projekts verfeinert. Dabei ging es um die Serienfertigung einer Surf-Finne.

Surf-Zubehör made in Switzerland

Eine zufällige Begegnung mit einem Surfer brachte das Kunststoffwerk Buchs mit FCS zusammen. Der australische Anbieter für Surf-Zubehör suchte einen Hersteller von Finnen für Surfbretter. Dabei ging es weniger um Gewichtsreduktion, sondern darum, das Bauteil in Serienproduktion mit gleichbleibender Qualität herzustellen. Denn bislang wurden Finnen vor allem in Handarbeit hergestellt und sind somit qualitativen Schwankungen unterworfen.

Die Surf-Finne für FCS wird in der Schweiz hergestellt. (Bild: svismold)

„Mit FCS als Industriepartner und dem IWK der Fachhochschule OST haben wir anhand von FE-Analysen zunächst die Anforderungen an eine Finne definiert. Aufbauend darauf haben wir die Tapes bestimmt und passende Materialien gewählt“, erklärt Rudolph. Heute vermarktet FCS die Finne als Swiss Made.

Weitere Anwendungen gesucht

Unter der Marke svismold entwickelt das Kunststoffwerk Buchs für Kunden solche Teile, von der Idee bis zum fertigen Produkt. „Weil wir da so viel Herzblut hineingesteckt haben, suchen wir weitere Anwendungen für die sich diese Technologie eignet.“ Es sind einige Projekte in der Pipeline, aber darüber darf noch nicht berichtet werden. Soviel sei aber verraten: svismold richtet sich eher an kleinere Teile, wie etwa Sportartikel. Bisher konzentriert sich das Team um Rudolph auf flache Bauteile. „Da haben wir am meisten Knowhow. Vor allem die Haltetechnik für das Tape im Werkzeug ist eine Herausforderung, die wir aber mittlerweile im Griff haben.“

Zur Herstellung solcher Bauteile braucht es ein Sammelsurium an Kenntnissen und Erfahrungen. Jedes Projekt beginnt mit Berechnungen und Machbarkeitsstudien, ob die Anforderungen mit dieser Technologie überhaupt erreicht werden können. Dann erfolgt die Materialauswahl, die Konstruktion des Werkzeugs und auch die Entscheidung wie das Bauteil angespritzt werden muss, damit das Tape in der korrekten Lage verbleibt. Rudolph: „Schliesslich muss unsere Haltetechnik ins Werkzeug integriert werden. Das sind viele kleine Facetten, die dann zum Erfolg führen.“

Verschiedene Anwendungsfelder

Die Technologie bietet einen Ersatz für andere Herstellverfahren. Das ist beispielsweise ein Kunde, der ein Metallteil produziert, das leichter werden soll. Eine erste Alternative bietet die duroplastische Welt. „Zumindest in der Schweiz sind wir da nicht für grosse Serien aufgestellt. Hinzu kommt noch die Recycling-Problematik. In einem solchen Fall bieten wir eine echte Alternative“, sagt Rudolph.

Laut dem Geschäftsführer kommen aber auch Kunden, die bereits eine duroplastische Lösung haben aber ganz bewusst etwas anderes suchen. Sei es aus qualitativen oder auch aus wirtschaftlichen Gründen. Schliesslich gibt es noch Kunden, die mit komplett neuen Ideen neue Projekte generieren. Rudolph: „Im Moment geht es häufig noch um Substitution. Aber es gibt bestimmt auch Anwendungen, die wir noch nicht kennen. Ich denke viele potenzielle Kunden wissen gar nicht, dass das für sie eine passende Technologie sein könnte.“

Recyclinglösung gesucht

Weil Recycling aber auch bei Composite-Bauteilen nicht ganz einfach ist, wollte Rudolph ein weiteres Innosuisse-Projekt starten. Dabei stiess er auf die vorherrschende Meinung, dass es das schon gäbe. Der umtriebige Geschäftsführer ist da anderer Meinung: „Ich habe bisher zwei Methoden gefunden, die aber nicht für die Serie etabliert sind. Das eine ist die Pyrolyse. Da verheizt man das Bauteil, das funktioniert immer. Das andere ist chemisches Recycling. Das ist aufwendig und kompliziert. Ich denke man sollte eher versuchen, die Fasern mechanisch von den Polymeren zu trennen und möglichst ganz zu erhalten.“

Man darf also gespannt sein, welche weiteren Innovationen der faserverstärkten Surf-Finne folgen werden.

svismold.ch

Thomas Meier

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