KunststoffXtra sammelte Stimmen aus der Branche über die Fakuma und über die aktuellen Herausforderungen in der Kunststoffbranche.
Die Zeit seit Corona ist geprägt von verschiedenen Krisen und herausfordernden Situationen. Lieferengpässe, die unsichere politische Lage in Osteuropa, Fachkräftemangel, die Liste liesse sich problemlos erweitern. Nichtsdestotrotz trifft sich die Kunststoffbranche diesen Herbst in Friedrichshafen zur Fakuma. KunststoffXtra wollte wissen, wie Aussteller dieses herausfordernde Umfeld erleben und welche Erwartungen sie heute an eine Fachmesse knüpfen. Deshalb die Fragen:
- Welche Trends werden für Sie in den kommenden Jahren wichtig?
- Was sind Ihre Erwartungen diesbezüglich an die Fakuma?
- Was sind derzeit Ihre grössten Herausforderungen?
- Was würden Sie sich für künftige Ausführungen der Fakuma wünschen?
Ad 1: Ein Top-Thema ist ganz klar die Nachfrage nach energie- und produktionseffizienten Maschinen und Verfahren. Weitere wichtige Themen sind Digitalisierung und Automation, wobei das Interesse hier vor allem auf vollautomatisierten Turnkey-Lösungen und Tracing-Methoden liegt. Last but not least beschäftigen wir uns intensiv mit den Themenfeldern Künstliche Intelligenz (KI) und Federated Learning.
Ad 2: Wir erwarten, dass wir mit unseren Exponaten den Nerv der Zeit treffen und die Fachbesucher von unseren neuen Lösungen überzeugen können. Dazu zählen z. B. die Maschinenpremiere des energie- und produktionseffizienten hybriden Allrounders 520 H Premium, unser „Action Plan: Energie“, die prozesssichere Verarbeitung von Rezyklaten sowie spannende Turnkey-Anwendungen und Neues zur industriellen additiven Fertigung.
Ad 3: Oh, die Welt ist in den vergangenen Monaten sicherlich nicht einfacher geworden. Die wirtschaftliche Situation in unserer Branche auch nicht. Eine besondere Aufgabenstellung ist sicherlich der Fachkräftemangel. Auch wir suchen Mitarbeitende über die ganze Bandbreite – vom Facharbeiter in der Montage bis zum Studierenden an der Dualen Hochschule. Dabei setzen wir auf eine starke Arbeitgebermarke und unsere hohe Ausbildungsquote von rund zehn Prozent. Als Antwort auf den Fachkräftemangel bei unseren Kunden bieten wir praxisnahe Lösungen zu Digitalisierung und Automation.
Ad 4: Als Mitbegründer und grösster Aussteller hat die Messe am Bodensee für Arburg und für unsere Kunden schon seit 1981 einen ganz besonderen Stellenwert und einen einzigartigen Reiz. Wir wünschen uns, dass die Fakuma auch in Zukunft am familiären Spirit und am Standort Friedrichshafen festhält.
Ad 1: „Digitalisierung trifft Kreislaufwirtschaft“ unter diesem Motto rückt die Fakuma 2023 näher und damit auch stärker in den Fokus der grossen Kunststofffamilie. Durch die weltweiten Ereignisse wird das Thema Energieeinsparungen sicherlich die nächsten Jahre eine führende Rolle einnehmen.
Ad 2: Zu den erwähnten Themen erwarten wir viele interessierte Besucher und spannende Gespräche. Wir freuen uns über den persönlichen Kontakt. Es ist zu hoffen, dass die Industrie die Zeichen erkannt hat und an der Messe entsprechende Lösungen präsentiert.
Ad 3: Unsere grössten Herausforderungen für die Zukunft sind die Regulatorien, neue kaum durchführbare Gesetze und die länderunterschiedlichen Vorgaben. Diese Punkte lassen keine fairen internationalen Geschäfte zu. Hier ist vor allem die Politik gefragt.
Ad 4: Die Fakuma soll eine Leitmesse für die Kunststoffindustrie im Dreiländereck bleiben. Um die Qualität zu halten darf die Messe nicht grösser werden. Ganz nach dem Motto „weniger ist mehr“. Es wäre schade, wenn der Besucher nur noch nach seinem strikten Programm die Messe aufsucht.
Ad 1: Beim Spritzgiessen stellt der Trend zur Miniaturisierung von Bauteilen mit immer kleineren Schussgewichten von oftmals deutlich unter 0,1 Gramm eine weitere technologische Herausforderung dar. Dabei steht vor allem die Materialeinsparung im Vordergrund, denn bei konventioneller Anspritzung würde der Angussabfall das eigentliche Teilegewicht um ein Vielfaches übersteigen. Hier bieten wir kompakte Heisskanalsysteme für das effiziente Spritzgiessen von Mikroteilen auf kleinen Spritzgiessmaschinen an, mit denen eine breite Materialpalette inklusive technischer Kunststoffe verarbeitet werden kann. Spezielle Konzepte ermöglichen es, diese Systeme auch auf Standardmaschinen und mit Standard-Formgrössen in höherfachiger Ausführung einzusetzen.
Auch beim Thema Elektromobilität werden wir, besonders im Bereich der Batterietechnik, mit neuen flammgeschützten und hoch wärmeformbeständigen Werkstoffen mit Verarbeitungstemperaturen von oftmals mehr als 300 °C konfrontiert. Dies erfordert leistungsfähige Heisskanallösungen, die individuell an das Anwendungsprofil des Kunden angepasst sind, um hohe Prozesssicherheit und Effizienz zu gewährleisten.
Ad 2: Quer durch alle Branchen werden auf dem europäischen Markt in letzter Zeit zunehmend technisch aufwendige Anwendungen realisiert, bei denen komplexe Spritzgiesswerkzeuge in hochautomatisierten Fertigungszellen produzieren. Um hier, gerade bei der Verarbeitung anspruchsvoller technischer Materialien, eine prozesssichere und effiziente Fertigung sicherzustellen, sind massgeschneiderte Heisskanallösungen gefordert. Wir erwarten auf der Fakuma interessante Gespräche und Anfragen aus diesem Bereich.
Ad 3: Bedingt durch die schwierige politische Weltlage und steigende Energiekosten beobachten wir auf dem DACH-Markt nach wie vor eine Zurückhaltung bei Investitionen und ein eher verhaltenes Wachstum. Hinzu kommt der strukturelle Wandel in der Automobilindustrie, wo mit zunehmender Elektrifizierung viele Bauteile im Innen- und Motorbereich wegfallen werden. Hier muss man als Unternehmen flexibel aufgestellt sein, um sinkende Nachfragen in bestimmten Märkten kompensieren zu können. Dabei hilft uns unsere branchenübergreifende Ausrichtung, die ein breites Spektrum an Anwendungsbereichen abdeckt, zumal in anderen Märkten, wie zum Beispiel der Medizin- und Elektrotechnik, die Nachfrage nach Heisskanallösungen weiterhin ansteigt.
Natürlich sind auch wir von steigenden Energie- und Rohstoffkosten betroffen und versuchen, die Zusatzkosten durch gezielte und kontinuierliche Optimierung der Fertigungsprozesse zumindest teilweise abzufangen. Hier hilft uns der hohe Grad an Digitalisierung, den wir in der Konstruktion, der Fertigung und beim Geschäftsprozessmanagement bereits erreicht haben. Zudem ist unser Unternehmen seit März 2023 offiziell klimaneutral und wir arbeiten konsequent daran, unsere Energieeffizienz weiter auszubauen. Ein Beispiel ist der bereits realisierte grossflächige Einsatz von Photovoltaik auf Hallendächern und Freiflächen. Damit können wir in absehbarer Zeit bis zu 25 % unseres jährlichen Energiebedarfs durch eigene Solarenergie decken.
Ad 4: Der Samstag sollte als Messetag endlich wegfallen. Dieser Tag bindet nur Personalkapazitäten und bringt minimalen Nutzen.
Ad 1: Die Automation in den Spritzgussbetrieben wird und muss sich in den nächsten Jahren aufgrund des Fachkräftemangels fortsetzen. Das bedeutet auch, dass eine automatisierte Überwachung der Produktion und optimiertes Rüsten von Spritzgusswerkzeugen in kurzer Zeit realisiert werden muss. Vorgelagert dazu nimmt der Aufwand an Simulationen der Spritzgiessprozesse deutlich zu.
Ad 2: Die Fakuma wird in diesem Jahr vom Schwerpunkt her Lösungen für die kunststoffverarbeitende Industrie zeigen, die Umwelt und Ressourcen schonend sind. Ebenfalls wird der Bereich der Automation aufgrund des Mangels an Fachkräften einen Themen-Schwerpunkt auf der Messe bilden. Hinsichtlich Besucherzahl sind wir verhalten optimistisch.
Ad 3: Der demographische Wandel in unserer Gesellschaft hat deutlichen Einfluss auf die Zusammensetzung unserer Belegschaft. Gewinnung von Facharbeitern, Auszubildenden und dualen Studenten ist eine der grossen Herausforderungen für uns. Der Schwerpunkt der Ausbildung in Schule und Studium zielt oft auf die Bereiche Verwaltung und Dienstleistung hin. Wertschöpfende Unternehmen wie wir, die entsprechende Fachkräfte mit Spass an Naturwissenschaften und Mathematik benötigen, müssen deutlich mehr über die Voraussetzungen und Möglichkeiten in den von uns angebotenen Berufen informieren.
Ad 4: Die Fakuma ist bisher eine Leitmesse für die kunststoffverarbeitende Industrie und erfreut sich eines guten Zuspruchs. In der Vergangenheit mussten wir aber feststellen, dass auch die Fachmessen kein Selbstläufer mehr sind. In den sozialen Medien gibt es heute viele Informationsmöglichkeiten, die oft genutzt werden, um aufwendige Anreise und Zeitaufwand zu Fachmessen zu vermeiden. Der zwischenmenschliche Kontakt, der zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zählt, kann aber nur über Veranstaltungen wie Messen, Inhouse-Schulungen und Seminare entstehen. Hier muss die Fakuma entsprechende Möglichkeiten zum Netzwerken sowie zum Austausch bieten und immer genügend Interessewecker vorhalten.
Ad 1: Als mittelständisches Unternehmen der Spritzgiessbranche sehen wir Nachhaltigkeit und Digitalisierung als wichtige Trends der kommenden Jahre und setzen uns bereits heute intensiv mit diesen Themen auseinander. Das Ergebnis sind innovative, nachhaltige Materialien, die umweltschonende Herstellungsprozesse ermöglichen und unseren ökologischen Fussabdruck verringern. Darüber hinaus setzen wir uns für energieeffiziente Geräte ein, um unsere Kunden dabei zu unterstützen, ebenfalls nachhaltig zu handeln. Auch die zunehmende Digitalisierung bietet Chancen für mehr Effizienz, Qualitätskontrolle und eine bessere Interaktion mit den Kunden.
Ad 2: Wir freuen uns auf viele interessierte Besucher an unserem Stand, da wir als Anbieter von Temperierlösungen sowohl über unsere persönlichen Beiträge zu den Trends als auch über Technologien sprechen werden. Denn nur gemeinsam können wir in Bezug auf die Trends wirklich etwas bewirken.
Ad 3: Die grössten Herausforderungen, die Unternehmen im Hinblick auf Trends und Technologien bewältigen müssen, liegen in der Flexibilität und im richtigen Timing. Unternehmen müssen agil sein, um auf Gegebenheiten reagieren zu können. Die Einführung von Technologien sollte weder zu früh noch zu spät erfolgen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu wahren. In Bezug auf die Digitalisierung ist die Anpassungsbereitschaft der Kunden an die neue digitale Umgebung eine Herausforderung. Unser Ziel ist es, eine einfache und schrittweise Implementierung in unsere digitale Welt zu ermöglichen, um alle Kundengruppen anzusprechen. Zusätzliche Herausforderungen umfassen Faktoren wie Materialkosten, Energieeffizienz und sich ändernde Vorschriften wie etwa das Thema PFAS. Dies betrifft viele Unternehmen und hat grosse Bedeutung.
Ad 4: Wir wünschen uns für die Zukunft eine verstärkte Betonung von Nachhaltigkeitslösungen, die ökologische Fragen in der Kunststoffindustrie ansprechen, um den Trends und Technologien gerecht zu werden.
Ad 1: Nachhaltigkeit ist für motan schon lange ein sehr wichtiges Thema, aber in den kommenden Jahren wird für uns C02 Footprint im Fokus stehen. Auch auf der Fakuma werden wir auf unserem Messestand genaueres dazu präsentieren.
Ad 2: Wir wollen die Kundenkontakte, die aufgrund der Corona-Pandemie zu kurz gekommen sind, wieder verstärken. Ausserdem freuen wir uns auf die Kunststoffverarbeiter, die wir auf der Swiss Plastics Expo im Januar vermisst haben.
Ad 3: Wir leben in einer sehr flexiblen und globalen Zeit und wir müssen der Komplexität der Anforderungen gerecht werden.
Ad 4: Ich wünsche mir einen Messestand eines Schweizer Schoggi-Herstellers direkt gegenüber vom motan-Stand, damit die Energie für lange Messetage nicht ausgeht.
Ad 1:
- Unsere Produkte weiter betreffend Connectivity / Industry 4.0 optimieren
- Unsere Geschäftsprozesse noch Nachhaltiger zu gestalten und zu automatisieren
- Ebenfalls ist das Recycling und die Kreislaufwirtschaft ein Thema, das uns in Zukunft beschäftigen wird.
Ad 2: Einen Mehrwert könnte die Fakuma bieten, indem sie die innovativsten und führenden Unternehmen in diesen Bereichen noch mehr fördert und bewirbt.
Ad 3:
- Die gestiegenen Energie- und Materialkosten
- Sich verändernde Rahmenbedinungen im Markt
- Qulifiziertes Pesonal für offene Stellen finden
Ad 4: Die Fakuma bietet bereits Fachvorträge an, was wir sehr begrüssen. Wir fänden hier einen integrativen Ansatz ebenfalls interessant, in dem die Vorträge in den Hallen stattfinden (anstatt in separaten Räumen) und so ein integratives Erlebnis stattfindet. Wir wünschen uns generell für Messen interessierte Besucher mit konkreten Projekten und Kaufabsichten, damit es sich bei den gestiegenen Transport-, Messebau und Messeteilnahme-Kosten lohnt auszustellen.
Ad 1: In Gesprächen mit unseren Sepro Kunden sehen wir zwei Haupttrends für die nächsten Jahre:
- Automatisierung als Mittel zur Produktivitätssteigerung
- Der zunehmende Einsatz von Technologie (z.B. AI), um den Energieverbrauch zu senken, Prozesse ganzheitlich zu optimieren, Anlagen fernzusteuern oder fernzuwarten usw…
Ad 2: Wir erwarten, so viele Kunden und potenzielle Kunden wie möglich zu treffen, um neue Projekte zu generieren und gemeinsame Ideen zu entwickeln. Darüber hinaus sehen wir die Fakuma als eine hervorragende Plattform, um bestehende Partnerschaften zu stärken und neue zu knüpfen. Wir sind in einer Branche tätig, in der die Fähigkeit, mit Partnern zusammenzuarbeiten und mit diesen neue Lösungen zu entwickeln, der Schlüssel zum Erfolg ist, um unseren Kunden best-in-class Lösungen zu bieten.
Ad 3: Schnelligkeit und Fokus: wir leben heute in einer VUCA (Volatile/Uncertain/Complex/Ambiguous) oder sogar BANI (Brittle/Anxious/Non-linear/Incomprehensible) Welt mit vielen Herausforderungen. Zudem schaffen neue Technologien und Materialien viele spannende Opportunitäten. In diesem Kontext sind Flexibilität, aber auch Fokus unentbehrlich. Beide sind Voraussetzungen um einerseits einen echten Mehrwert für unsere Kunden zu entwickeln und andererseits ein hohes Tempo zu halten, und dabei die kreative Energie unserer Kollegen zu fördern.
Ad 4: Die Fakuma ist eine der wichtigsten Messen für uns. Im Moment scheint sie sehr gut positioniert zu sein, mit einer guten Mischung aus Materialthemen (neu und recycelt), Produktion-, Automatisierung- und Innovations-Elementen (z.B. Start-up Corner). Wir freuen uns sehr, an der Fakuma 2023 teilzunehmen. Was die Fakuma 2024 und darüber hinaus betrifft: vielleicht können wir nach dem 21. Oktober mehr dazu sagen.
Thomas Meier