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Ein Klebstoff revolutioniert das Matratzenrecycling

Ein umweltfreundlicher Klebstoff verändert das Matratzenrecycling. Dank dieses wasserbasierten Klebstoffs gelingt es, beim chemischen Recycling etwa 90 Prozent des Polyol-Rohstoffs zurückzugewinnen.
Lebenszyklus einer PUR-Schaumstoff-Matratze (Bilder: AdobeStock)

Ein umweltfreundlicher Klebstoff verändert das Matratzenrecycling. Dank dieses wasserbasierten Klebstoffs gelingt es, beim chemischen Recycling etwa 90 Prozent des Polyol-Rohstoffs zurückzugewinnen.

Autorin: Uschi Roth, Leiterin Kommunikation, Swiss Engineering

Entwickelt wurde der wasserbasierte, umweltfreundlichen Klebstoff von Emil Simmler, Gründer der Alfa Klebstoff AG in Rafz. Damals wurde er belächelt, heute revolutioniert dieser Klebstoff das Recycling von Polyurethan-Matratzen. 


Der umweltfreundliche, wasserbasierte Klebstoff für nachhaltiges Matratzenrecycling

Die Nachhaltigkeit von Schaumstoffmatratzen und deren Entsorgung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Ein recyclingfähiger Klebstofftechnologie spielt dabei eine entscheidende Rolle. «Unser wasserbasierter Klebstoff SIMALFA® ermöglicht es, Schaumstoffmatratzen mithilfe des innovativen De-Bonding-Verfahrens vollständig in den Rohstoffkreislauf zurückzuführen.», erklärt Julien Heusser. «Die Erfindung dieses Klebstoffs war revolutionär und legte den Grundstein für nachhaltige Schaumstoffverklebung.» Entscheidend sei, dass der Klebstoff so konzipiert ist, dass die verschiedenen Schichten der Schaumstoffmatratzen vollständig voneinander getrennt werden können. Nur so sei es möglich, den Schaumstoff in einem chemischen Verfahren wieder zu Isocyanaten und Polyolen aufzubereiten. Matratzen, bei denen sich die Schaumstoffschichten nicht einwandfrei trennen lassen, können nur mechanisch entsorgt werden. Beim mechanischen Recycling werden die Matratzen zerschnitten und geschreddert. Die wiederverwendbaren Schaumstoffreste werden beispielsweise in der Verpackungsindustrie, Teppichproduktion oder zur Isolation verwendet. Eine ausschliessliche mechanische Entsorgung von Matratzen wäre angesichts der enormen Schaumstoffmassen nicht nachhaltig, laut Julien Heusser. Zudem würde dies ein Down-Cycling bedeuten, bei dem das recycelte Material von geringerer Qualität und Funktion ist als das Ausgangsmaterial.


Die Klebstofftechnologie

Schaumstoff besteht aus zwei Hauptkomponenten: Isocyanat und ein Polyol. Diese beiden Stoffe werden durch einen Schäumungsprozess zu Schaumstoff verarbeitet. Um Schaumstoff zu recyceln, müssen diese zwei Schichten vollständig voneinander getrennt werden können. Beim chemischen Recycling können etwa 90 Prozent des Polyol-Rohstoffs zurückgewonnen werden. Das zurückgewonnene Polyol hat sogar eine niedrigere Viskosität als die ursprüngliche Zusammensetzung, was bedeutet, dass die Verklebung der Schaumstoffe keinerlei negative Auswirkungen auf den Recyclingprozess hat. Das wiedergewonnene Polyol kann somit bis zu 100% wieder in der Matratzenproduktion eingesetzt werden. Auf diese Weise schliesst das chemische Recycling den Rohstoffkreislauf und verbessert die Qualität des Polyols. Dieser Fortschritt in der Industrie trägt massgeblich zur nachhaltigen Verwertung und Reduzierung des CO2-Fussabdrucks bei.


Was macht ein Klebstoff revolutionär für den Recyclingprozess?

«Ein revolutionärer Klebstoff, der den Recyclingprozess von Matratzen unterstützt, erfüllt die Voraussetzung der Recyclingfähigkeit.», erläutert Julien Heusser. Das bedeute, dass er wasserbasiert und umweltfreundlich sein muss, der keine Inhaltsstoffe enthält, die den Recyclingprozess beeinträchtigen würden. Die Kunst bestehe auch darin, im Vergleich zu herkömmlichen Klebstoffen die Menge zu reduzieren, um eine effiziente Wiederverwertung zu ermöglichen. Eine wichtige Rolle spiele der „De-Bonding-Effekt“, der die einzelnen Schichten von Polyurethan-Matratzen rückstandsfrei voneinander trennt. So die Ausführungen des Chemieingenieurs Julien Heusser.

Eine wichtige Rolle spielt der De-Bonding-Effekt, der die verschiedenen Schichten von PUR-Matratzen voneinander trennt.


Die Zukunft der nachhaltigen Klebstofftechnologien 

Als Experte sieht Julien Heusser eine Zukunft, in der die Richtlinien zum Recycling weiter verschärft werden, da Nachhaltigkeit zunehmend gesetzlich vorgeschrieben wird. Bereits jetzt hätten viele Marktführer ehrgeizige Ziele in Bezug auf Nachhaltigkeit. Ein bekanntes Möbelhaus plane beispielsweise bis 2030 nur noch Matratzen anzubieten, deren Ausgangsstoffe zu 100 Prozent nachwachsen. In diesem Kontext spiele der eingesetzte Klebstoff eine zentrale Rolle. Julien Heusser ist zuversichtlich, dass viele andere Unternehmen diesem Beispiel folgen werden.
 
Neben der Arbeit an Klebstofftechnologien für Matratzen arbeite Alfa Klebstoffe auch an nachhaltigen Klebstofflösungen für die Automotive-Industrie. Ziel sei, umweltfreundliche Alternativen für verschiedene Anwendungen und Branchen zu entwickeln. Und damit zu einer nachhaltigeren Zukunft beizutragen. 

Winterthurer Klebstofftagung

Über «Nachhaltige Klebstofftechnologien um den Recyclingprozess von Polyurethan-Schaumstoff-Matratzen zu unterstützen», referierte Julien Heusser, Leiter der Forschung und Entwicklung bei Alfa Klebstoffe AG, an der Winterthurer Klebstofftagung am 4. Juli 2023. Organisiert wurde die Tagung vom Institute of Materials and Process Engineering (IMPE) in Zusammenarbeit mit der FGKS von Swiss Engineering.

www.swissengineering.ch

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