Im Gespräch mit Daniel Erni, Mitinhaber und Co-Geschäftsleiter der Sturo Kunststoffwerk AG in Weinfelden, fallen immer wieder die Begriffe «Qualität», «Termintreue» und «Zusammenarbeit». Diese Eigenschaften sind für Erni die Basis des Erfolgs.
Von Marianne Flury
«Für uns ist eine enge Kundenbindung sehr wichtig. Wir sehen uns nicht als Lieferanten, sondern als Partner und legen sehr viel Wert auf Qualität, Termintreue und eine gute Zusammenarbeit. Wenn man die Kunden gut bedient und pflegt, dann kommen sie auch immer wieder», ist Erni überzeugt. Das belegt die Verbindung zur Firma Esge, ein Haushaltgeräte-Hersteller aus Mettlen, einem Nachbardorf von Weinfelden. Diese Nähe bedeutet neben dem ökologischen Vorteil kurzer Wege auch just-in-time-Lieferungen und raschen Support, wenn ein Problem auftritt.
«Wir arbeiten bereits seit rund 50 Jahren mit diesem Unternehmen zusammen», so Erni. Von da kommt auch das jüngste Projekt: Sturo kann für Esge unter anderem den Griff mit Bedientaste für den neuen kabellosen Stabmixer Bamix herstellen. Im Griff ist der Akku integriert. Der bisherige Mixer hatte ein Kabel. Das 2K-Teil, das im Griff integriert ist, hat zwei Funktionen: zum einen die Bedienbarkeit über die Weichkomponententasten, zum anderen den Motor vor Wasser zu schützen mittels einer Dichtlippe. Zur Anwendung kommen ein TPE und ein PA6.
Da es um das Spritzen eines Zweikomponenten-Teils geht, zu dessen Herstellung die nötige Kapazität fehlte, wurde eine Produktionserweiterung geplant und realisiert.
Nach einer sorgfältigen Evaluierung entschied sich Sturo für eine 2K Alldrive 570A mit dem integrierten Robotsystem von Arburg, dem Multilift. «Der integrierte Multilift hat den Vorteil, dass die Bedienung von Maschine und Handling über einen Datensatz erfolgt. Dadurch werden auch Rüstzeiten verkürzt», erklärt Christian Eggebrecht, Verkaufsberater für die Ostschweiz, der das Projekt von Arburgseite her von Anfang an begleitet und betreut hat. Die vollelektrische Maschine erfüllt alle Anforderungen, die Sturo gestellt hatte: Präzision, Energieeffizienz und ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Auch mit Arburg verbindet Sturo eine langjährige Partnerschaft, was den Kaufentscheid zusätzlich erleichterte.
Wichtig für Sturo war auch, dass die Maschine inklusive Automation nicht nur auf das Stabmixer-Projekt ausgelegt wurde, sondern auch für zukünftige Projekte eingesetzt werden kann. Das bedingte eine 2K-Maschine mit einer höheren Schliesskraft (200 anstelle von 100 Tonnen). Die Drehtellertechnik, die auf dem Alldrive 570A zur Anwendung kommt, erfüllt die Forderung nach zusätzlicher Flexibilität. Eggebrecht erklärt dazu: «Die Funktionalität einer 2K-Maschine ist wesentlich höher, weil die zwei Spritzeinheiten völlig unabhängig voneinander bedienbar sind und man durch die Selogica-Steuerung die grössere Flexibilität hat. So betrachtet ist eine Vollelektrische aus heutiger Sicht die Spritzgussmaschine für den Mehrkomponenten-Spritzguss.» Ergänzend dazu sagt Marcel Spadini, Geschäftsführer von Arburg Schweiz AG: «Das bestätigen auch die Verkaufszahlen. In den letzten Jahren wurden in der Schweiz für 2K-Awendungen fast ausschliesslich vollelektrische Spritzgussmaschinen verkauft. Die etwas höheren Investitionskosten werden kompensiert durch eine höhere Reproduzierbarkeit, Präzision und Energieeffizienz.»
Wertvoller Ideenaustausch
Ein weiterer Aspekt bei der Maschinenwahl war, dass die Kompatibilität zum bestehenden Werkzeug in die Maschinenspezifikationen einfliessen musste. «Dieser Ideenaustausch mit Arburg dauerte denn auch etwas länger, als wenn wir uns für eine Standardmaschine entschieden hätten, war aber äusserst wertvoll», betont Erni.
Und Eggebrecht fügt hinzu: «Die Mehrkomponententechnologie ist sehr komplex. Da braucht es wesentlich mehr Beratung und Know-how als bei einer 1K-Maschine. Aber das Zusammenspiel, mit Unterstützung von der Anwendungstechnik in Lossburg, hat zu einem sehr guten Resultat geführt mit dieser Maschine.»
Die Spritzgiessmaschinen bei Sturo sind quasi alle mit Automation bestückt – die kleinen mit Angusspicker, die grösseren mit Linearrobotern. Insgesamt umfasst der Maschinenpark aktuell 36 Maschinen. Hergestellt werden technische Präzisionsteile und optisch anspruchsvolle Produkte, was sich im Bamix-Stabmixer oder in der Nespresso-Kaffeemaschine widerspiegelt.
Die Aufträge kommen vor allem aus den Bereichen Haushalt (30-40%), Maschinenindustrie (25-30%), Elektrotechnik und Bau. «Wir behaupten uns nicht mit 08.15-Produkten auf dem Markt. Wir bedienen Nischen, wo ein sehr hoher Qualitätsstandard verlangt ist und die Optik stimmen muss. Anders haben wir keine Chance», erklärt Erni.
Vor dem Hintergrund der explodierenden Energiepreise ist Energiesparen auch ein Thema bei Sturo. So läuft im Moment die Planung zur Installation einer Photovoltaik-Anlage auf dem Firmengebäude. «Diese wird aber nur einen Bruchteil des Stroms produzieren, den wir wirklich benötigen», sagt Erni offen. Er rechnet mit einer Eigenproduktion von etwa 150 MWh im Jahr. Mit einem Verbrauch von rund 600-700 MWh im Jahr zählt Sturo – wie manch anderer Verarbeiter auch – zu den Grossverbrauchern. Genutzt wird jetzt bereits die Abwärme der hydraulischen Spritzgiessmaschinen zum Heizen der Gebäude im Winter. «Wir planen mit den Kunden zusammen, so dass wir genügend Pufferzonen haben, wenn’s denn dazu kommen sollte, dass man nicht produzieren kann.»
Qualifizierte Leute sind gefragt
Um den Firmenanspruch nach Qualität und Termintreue erfüllen zu können, braucht auch Sturo gute Fachkräfte. «Wenn es in der Spritzerei schon sehr schwierig ist, qualifizierte Leute zu finden, so ist es im Werkzeugbau noch extremer», bringt es Erni auf den Punkt. Da hilft nur selber ausbilden. Und das macht Sturo: Jeweils alle zwei Jahre wird ein Polymechaniker, Fachrichtung Werkzeugbau, «nachgezogen».
An das Geschäftsjahr 2022 hat Erni gemischte Erwartungen. Nach einem sehr guten 2021 mit einer hohen Auslastung, schlägt der aktuelle Rückgang im Konsumgüterbereich auf den Geschäftsverlauf. Im Gegenzug hat aber der Industriebereich zugelegt und scheint weiterhin gut zu laufen. Deshalb rechnet Erni damit, dass es im Herbst wieder anzieht und das nächste Jahr an das gute Vorjahresniveau anknüpfen kann.
Sturo in Kürze
Gründung: 1953, durch Hans Studer in Rothenhausen. 1964 Neubau in Weinfelden, am heutigen Standort. In der Folge mehrere Ausbauetappen
Name: Sturo setzt sich zusammen aus Studer und Rothenhausen
Kernkompetenz: Spritzguss und eigener Werkzeugbau. Dienstleistungen: Baugruppenmontage, Bedrucken, Ultraschallschweissen und mechanische Nachbearbeitung, kunststofftechnische Kundenberatung
Maschinenpark: 36 SGM 20-300 t Schliesskraft, Formteilgewichte von 0,1 bis 550 g
Verfahrenstechniken: Kunststoff-/Metallverbindung (Insert Technik); Einkomponenten- und Mehrkomponenten-Spritzguss
Mitarbeiter: 25, davon 2 Lehrlinge (Polymechaniker)
Kontakt
Sturo AG Kunststoffwerk
CH-8570 Weinfelden
+41 71 626 40 00
www.sturo.ch