Mit Optimismus aber auch Respekt vor den aktuellen Rahmenbedingungen ist Engel im Geschäftsjahr 2022/23 angekommen. Energieeffizienz, Digitalisierung und der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft geben die Entwicklungsschwerpunkte vor. Die hohe Innovationskraft ist eine wichtige Säule für die Resilienz der Engel Unternehmensgruppe.
Mit einem Plus von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr hat Engel das Geschäftsjahr 2021/22 sehr erfolgreich abgeschlossen. Mit weltweit rund 7000 Mitarbeitern erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von 1,5 Mrd. Euro und hat damit fast das Niveau des Jahres 2018/19, das bislang beste Geschäftsjahr in der Firmengeschichte, erreicht. „Der Auftragsstand ist sehr gut. Wir sind bis in den Spätherbst ausgelastet“, berichtet Dr. Stefan Engleder, CEO der Engel Gruppe. „Dass wir die Automobilkrise und die Pandemie so gut überstanden haben, zeigt, wie widerstandsfähig unser Unternehmen ist. Auch in schwierigen Zeiten sind wir für unsere Kunden ein verlässlicher, stabiler Partner.“ Als Gründe für die herausragende Resilienz nennt Engleder die hohe Flexibilität aufgrund des globalen Produktionsnetzwerks, die kontinuierlichen Investitionen in die weltweiten Standorte sowie die hohe Innovationskraft. Auch während der zurückliegenden schwierigen Zeit hatte Engel sowohl an den Entwicklungszielen als auch Investitionsvorhaben festgehalten. Mit der Eröffnung des neuen Kundentechnikums im Grossmaschinenwerk St. Valentin im Frühjahr 2022 hat Engel das grösste Investitionsprogramm in der Unternehmensgeschichte abgeschlossen. Insgesamt wurden über die letzten Jahre mehr als 375 Mio. Euro in den Ausbau und die Modernisierung der weltweiten Produktionswerke investiert.
Dabei haben sich die Rahmenbedingungen seit 2018 grundlegend verändert. „Krisen werden Teil unseres Alltags bleiben. Darauf stellen wir uns ein und wir entwickeln uns mit den immer wieder neuen Herausforderungen weiter“, so Engleder. Zu den grössten Herausforderungen zählen aktuell die politischen Entwicklungen in Europa, die Störungen der Lieferketten sowie die massiv steigenden Energie- und Materialpreise. Die Märkte sind überhitzt und die Kostenschere geht immer weiter auf. Die steigende Inflation verstärkt den Effekt. Entsprechend wird es in irgendeiner Form Auswirkungen auf die Preise geben müssen.
Auswirkungen der Lieferkettenkrise entgegen wirken
Aufgrund der Lockdowns in China warten vor dem Hafen Shanghai noch immer hunderte Schiffe auf das Be- und Entladen, was sich auf die Liefersituation in Europa und den USA auswirkt. Engel arbeitet mit Hochdruck daran, die Auswirkungen der Lieferkettenkrise für die Kunden so gering wie möglich zu halten. „Wir sind mit unseren Lieferanten in enger Abstimmung. Darüber hinaus investieren wir strategisch, um durchgehend produzieren und unseren Lieferverpflichtungen nachkommen zu können“, sagt Engleder.
Sparsam mit Energie und Ressourcen umzugehen, steht bei Engel im Mittelpunkt der kontinuierlichen Prozessoptimierung und ist zugleich ein Kernmerkmal der Engel Produkte. Die Kunden profitieren von der umfassenden Erfahrung, die Engel über die letzten Jahre in diesem Bereich aufgebaut hat. „Die Spritzgiessmaschinen leisten schon einen grossen Beitrag, noch mehr lässt sich mit einer auf die Maschine optimal abgestimmten Temperiertechnik erreichen“, macht Engleder deutlich. Mit integrierten Systemlösungen, die aus einer Hand Spritzgiessmaschinen mit Temperierlösungen und digitalen Produkten kombinieren, unterstützt Engel seine Kunden, klimaneutral zu produzieren und die Wettbewerbsfähigkeit auch in schwierigen Zeiten zu stärken.
Europa: Mit Energieeffizienz und Leistungsstärke zu mehr Profitabilität
50 Prozent des Umsatzes erwirtschaftete die Engel Gruppe im Geschäftsjahr 2021/22 in Europa, 27 Prozent in Amerika und 21 Prozent in Asien. Damit hat sich auch die Umsatzverteilung wieder dem Bild von vor der Automobilkrise und Corona-Pandemie angepasst. Der europäische Anteil war im Jahr zuvor auf einen historischen Tiefstwert von 45 Prozent zurückgegangen. Deutschland ist nach wie vor der grösste Einzelmarkt, der zudem besonders technologiegetrieben ist.
Westeuropa verbucht ein besonders erfolgreiches Jahr 2021/22. Der Auftragseingang lag deutlich über den Erwartungen. Es war nicht abzusehen, dass sich die Region so schnell von den Auswirkungen der Automobil- und Coronakrise erholt. Vor allem im Bereich Technical Moulding hat Engel in Westeuropa viele Neukunden gewonnen. Insbesondere Italien und Frankreich bieten Potenzial.
Osteuropa lief im Jahr 2021/22 insgesamt gut, obwohl hier die Automobilindustrie noch nicht wieder auf dem Vorkrisenniveau angekommen ist. Bei neuen Projekten geht es vor allem um die Modernisierung der Maschinenbasis mit dem Ziel, durch energieeffizientere und leistungsstärkere Maschinen eine höhere Profitabilität zu erreichen.
Asien: Automobil wieder Wachstumstreiber
In Ostasien und hier vor allem in China ist die Automobilindustrie der stärkste Wachstumstreiber. Verantwortlich dafür sind die New Electric Vehicles (NEV) mit zahlreichen neuen Marktteilnehmern. Aber auch bestehende Kunden tragen zum Erfolg der Business Unit Automotive in Asien bei, unter anderem durch Erweiterungen der Produktionskapazitäten. Zugleich trübt die Zero-Covid-Politik der chinesischen Regierung die Perspektive. Viele Lieferketten sind unterbrochen und zahlreiche Betriebe mussten aufgrund des Lockdowns ihre Kapazität runterfahren.
Südostasien auf der anderen Seite profitiert von den Covid-Massnahmen in China. Für Neuinvestitionen rückt die Region als Alternative zu China in den Fokus der Investoren. Bereits im Geschäftsjahr 2021/22 verbuchte Engel in Südostasien ein deutliches Wachstum, vor allem im Bereich Automobil. Nachgefragt werden in Südostasien verstärkt integrierte Systemlösungen. Zum einen helfen Turn-Key-Lösungen das in vielen Betrieben fehlende Prozess-Know-how zu ersetzen, zum anderen verschaffen sich die verarbeitenden Unternehmen damit einen Vorteil gegenüber anderen asiatischen oder auch europäischen Mitbewerbern.
Middle East und Afrika: Nachhaltigkeit im Fokus
In der Region METAI, die Middle East, Türkei, Afrika und Indien umfasst, ist die Automobilindustrie Mitte 2021 wieder angesprungen. Hauptverantwortlich für die sehr gute Entwicklung in dieser Region ist jedoch der Bereich Technical Moulding, wo Engel in Middle East im letzten Geschäftsjahr mehrere Grossprojekte erhielt. Lösungen für mehr Nachhaltigkeit gehören hier zu den stärksten Wachstumstreibern.
Eine sehr positive Entwicklung nimmt Nordafrika, wo Engel eine neue Niederlassung gegründet hat. Sitz von Engel Maghreb Sarl ist Tanger in Marokko. Marokko hat in den letzten zehn Jahren eine bedeutende Fertigungsindustrie aufgebaut. Engel konnte von Beginn an sehr erfolgreich an dieser Entwicklung partizipieren. Die Gründung der Niederlassung Maghreb ist ein wichtiger Schritt, die Nähe zu den Kunden in Nordafrika weiter zu stärken.
Amerika: Packaging mit besten Aussichten
Technical Moulding ist auch in Nordamerika der stärkste Wachstumstreiber. Engel profitiert in dieser Branche vom anhaltenden Reshoring-Trend, der gleichermassen das Wachstum im Bereich Medical treibt. Sehr gute Aussichten sieht Engel in dieser Region im Bereich Packaging. Hier spiegeln die jüngsten Projekte klar die Trends zu mehr Nachhaltigkeit und den Veränderungen im Design von Verpackungen wider. Verstärkt nachgefragt werden vollelektrische Energiesparlösungen für die Hochleistungsproduktion von Verschlüssen und Dünnwandbehältern sowie Anlagen für die Coinjektion mit Rezyklat für die Eimerproduktion.
Mit seinem Fast-Track-Programm hat Engel auf den in Nordamerika besonders grossen Bedarf nach schnell verfügbaren Maschinen reagiert und kann auch damit viele Projekte für sich entscheiden.
In den Ländern Lateinamerikas entwickeln sich die Bereiche Automobil, Medical und Technical Moulding mit Schwerpunkt Logistik sehr gut und versprechen mit Ausnahme Brasiliens, wo die Aussichten eher gedämpft sind, weiteres Wachstum. In Lateinamerika ist es vor allem die lokale Nachfrage, die ansteigt. Dabei manifestiert sich der Trend zu mehr Nachhaltigkeit in einer zunehmenden Zahl an Anwendungen mit Rezyklat. Mexiko, Kolumbien und Ecuador gehören in dieser Region zu den stärksten Märkten für Engel.
Branchen: Nachfrage weiterhin hoch – Innovative Technologien gefragt
Über alle Regionen betrachtet, ist Technical Moulding aktuell die grösste der fünf Business Units von Engel. Im Geschäftsjahr 2021/22 verzeichnete der Bereich, der unter anderem die Branchen Haushaltswaren, Bau, Logistik, Spielwaren, Sport und Freizeit umfasst, den höchsten Auftragseingang seit Bestehen der Business Unit.
Die Hersteller von Haushaltswaren, Haushaltsgeräten, sowie Bau- und Logistikprodukten profitierten über die letzten zwei Jahre von der Corona-Pandemie. Dieser Boom wird sich voraussichtlich abschwächen, und dennoch sind die Aussichten positiv. Viele Firmen gehen verstärkt die Modernisierung ihres Maschinenparks an. Ziel ist es, den CO2-Footprint zu senken. Entsprechend steigt die Nachfrage nach energiesparenden servohydraulischen und vollelektrischen Spritzgiessmaschinen. Darüber hinaus ist die Rezyklatverarbeitung gerade im Bereich Technical Moulding auf dem Vormarsch.
Der Bereich Automobil fand im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2021/22 schneller als erwartet zu seiner Stärke zurück. Überdurchschnittlich ist dieser Bereich in China und Nordamerika gewachsen. Wenngleich Investitionsentscheidungen aufgrund der Lieferkettenkrise zum Teil verschoben werden, blicken die Automobilexperten von Engel positiv in die Zukunft. „Die Nachfrage ist weiterhin hoch“, betont Stefan Engleder. „Projekte, die jetzt verschoben werden, werden zu einem späteren Zeitpunkt kommen.“
Innovations- und Wachstumstreiber im Bereich Automotive sind die Elektromobilität und das autonome Fahren. „Beide Entwicklungen bringen neue Anwendungen für Polymere mit sich und erfordern zum Teil völlig neue Technologien“, so Engleder. Darüber hinaus macht sich der zunehmende Einsatz von Recyclingmaterialien immer stärker bemerkbar. Digitale Lösungen von Engel machen es möglich, Schwankungen im Rohmaterial im laufenden Prozess automatisch auszugleichen. Damit lassen sich Rezyklate auch für hochwertige Anwendungen einsetzen.
Besonders stark technologiegetrieben ist die Teletronics-Industrie, wozu unter anderem die Unterhaltungselektronik und Telekommunikation gehören. In diese Branche liefert Engel verstärkt hochpräzise Spritzgiessmaschinen für sehr anspruchsvolle Produkte, oft im Bereich des Mikrospritzgusses. Beispiele sind hochwertige Linsensysteme für Smartphone-Kameras. Viel Potenzial eröffnet sich im Bereich Wearables, Sensorikprodukte für Sport, Freizeit und Gesundheit.
Medical verbucht 2021/22 als ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr mit Schwerpunkten in Europa und USA. Zwar schwächt sich der Covid-Boom ab, Engel kann dies jedoch mit Aufträgen aus dem Bereich Medical Devices – unter anderem für Autoinjektoren und Inhalatoren – kompensieren.
Im Bereich Packaging stechen die USA mit einer besonders hohen Nachfrage heraus. Verstärkt nachgefragt werden innovative Lösungen für die Produktion von Eimern. Mit der gezielt für dieses Marktsegment entwickelten duo speed Spritzgiessmaschine profitiert Engel überproportional von diesem Trend. In Europa sind es vor allem kleinere Haushaltsverpackungen, die zu zahlreichen Neuaufträgen führen. Das Interesse an nachhaltigen Lösungen mit einer besseren CO2-Bilanz ist gross. In erster Linie sind es jedoch politische Regulierungen, die Investitionen in diese Richtung fördern. Besonders deutlich zeigt sich dies am zunehmenden Einsatz von Rezyklat. Um seine Kunden in der Verpackungsindustrie angesichts der sich verändernden Rahmenbedingungen noch besser zu unterstützen, hat Engel in Österreich in ein neues Packaging Center investiert. An zwei Standorten, Schwertberg und St. Valentin, stehen Maschinenkapazitäten für Kundenversuche, Vorführungen und branchenspezifische Entwicklungen bereit. Zusätzlich wurde die Vertriebsstruktur angepasst und dezentral in den weltweiten Niederlassungen verstärkt Packaging-Know-how aufgebaut. Zuletzt wurden in den wichtigen Märkten Italien und Frankreich Packaging-Experten eingestellt. Beide bringen langjährige Branchenerfahrung mit.
Kunden profitieren von Stärke der Engel Gruppe
Die Erfolge im Geschäftsjahr 2021/22 und die weiterhin grosse Nachfrage dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aussichten unsicher sind. Auch das macht Stefan Engleder deutlich. „Die aktuellen Rahmenbedingungen stellen uns und die gesamte Kunststoffindustrie vor grosse Herausforderungen. Eine Prognose über die weitere Geschäftsentwicklung ist seriös nicht möglich.“ Zu den Unsicherheitsfaktoren gehört unter anderem der Krieg in der Ukraine mit den Auswirkungen auf die ohnehin bereits belasteten Lieferketten sowie die Energie- und Rohstoffpreise.
Engel setzt auch zukünftig auf strategische Investitionen und eine starke Forschung und Entwicklung und ist damit für seine Kunden auf lange Sicht ein stabiler und zuverlässiger Partner. Seit seiner Gründung 1945 ist Engel durchgehend in Familienbesitz und unabhängig von externen Investoren. „Gerade in angespannten Zeiten profitieren unsere Kunden von der Stärke der Engel Unternehmensgruppe“, so Stefan Engleder.