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Standardisierte Schnittstellen bringen unsere Industrie weiter

In unserer Interview-Serie, geführt vom VDMA mit einem Vertreter des Kunststoffmaschinenbaus und anderen Stakeholdern der Branche, hat diese Woche Michael Wittmann, Geschäftsführer der Wittmann Group, das Wort.
Michael Wittmann, CEO der Wittann Group
Michael Wittmann: "Wittmann 4.0 ist unser ganzheitlicher Ansatz für eine intelligente und vernetzte Spritzgiesszelle. (Bild: Wittmann)

In unserer Interview-Serie, geführt vom VDMA mit einem Vertreter des Kunststoffmaschinenbaus und anderen Stakeholdern der Branche, hat diese Woche Michael Wittmann, Geschäftsführer der Wittmann Group, das Wort.

Herr Wittmann, die Wittmann-Group bietet Spritzgiessmaschinen und Peripheriegeräte an. Inwieweit begünstigt Digital Manufacturing diesen ganzheitlichen Ansatz?

Michael Wittmann: Der ganzheitliche Ansatz erlaubt uns, über Smart Machines hinauszugehen und intelligente und flexible Wittmann 4.0 Spritzgiesszellen anzubieten, eine Grundvoraussetzung für die Realisierung einer Smart Factory. Die einzelnen Spritzgiesszellen bestehen aus vollständig vernetzten Spritzgiessmaschinen, Automatisierungssystemen und Peripheriegeräten und werden vom Anwender je nach Produktionsbedarf für einen bestimmten Spritzgiessartikel flexibel zusammengestellt. Die Produktionsmittel nehmen selbstständig die Kommunikation auf, sie tauschen Einstellungen und Rezepte aus und führen Kompatibilitätsprüfungen durch. Innerhalb der Wittmann 4.0 Spritzgiesszelle findet eine horizontale Kommunikation der Peripheriegeräte und Automatisierung zur Spritzgiessmaschine statt. Nach aussen hin sind alle vernetzten Teilnehmer, vorzugsweise über ein Gateway, wie es unser Wittmann 4.0-Router beinhaltet, erreichbar. Als Gesamtanbieter können wir unseren Kunden unterschiedliche Ausbaustufen von Digital Manufacturing auf dem Weg zur Smart Factory anbieten.

Was bedeutet Wittmann 4.0 genau?

Wittmann: Wittmann 4.0 ist unser ganzheitlicher Ansatz für eine intelligente und vernetzte Spritzgiesszelle. Ein wesentlicher Vorteil von Wittmann 4.0 ist neben der lückenlosen und automatischen Geräteanbindung auch eine hohe Datenqualität. Die wird erreicht durch die korrekte automatische Zuordnung von Peripheriegeräten zu einer Arbeitszelle für die Produktion eines bestimmten Spritzgiessteiles. Das beginnt damit, dass unsere Spritzgiessmaschinen mit einer E63 oder E77-Schnittstelle ausgestattet und an ein MES- oder ERP-System angeschlossen werden. Diese Ausbaustufe ermöglicht bereits die Ermittlung der wichtigsten Leistungskennzahlen der Spritzgiessmaschine. Wichtige Prozessparameter von externen Peripheriegeräten, die sich direkt auf die Qualität der Spritzgiessprodukte auswirken, wie Kühltemperaturen für Werkzeuge, externe Heisskanalsysteme, Einstellungen für Materialtrockner und Dosiersysteme, um nur einige zu nennen, werden damit jedoch nicht erfasst. Dazu wird der ganzheitliche Ansatz benötigt, die möglichst vollständig vernetzte Spritzgiesszelle. 

Hat die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen zu einer Veränderung des Produktportfolios geführt?

Wittmann: Die Digitalisierung hat insofern zu einer Erweiterung des Produktportfolios geführt, als dass es bei praktisch allen Peripheriegeräten ein Modell ohne und eines mit erweiterten externen Schnittstellen gibt. Wir nennen Geräte mit erweiterter Schnittstelle Wittmann 4.0-fähig. Diese Produkte umfassen standardisierte Schnittstellen, typischerweise Euromap 82.x, die für die horizontale Kommunikation mit der Spritzgiessmaschine entwickelt wurden, aber auch für die vertikale Kommunikation mit MES/ERP-Systemen zum Einsatz kommen. Wenn einmal universell akzeptierte Schnittstellen vorhanden sind, entwickeln diese ein Eigenleben und werden auch für Einsätze verwendet, für die sie ursprünglich nicht vorgesehen waren.

Wie wichtig sind standardisierte Schnittstellen?

Wittmann: Euromap-Schnittstellen sind eine notwendige Grundvoraussetzung für Digital Manufacturing. Wir schätzen es daher sehr, dass der VDMA die Normierungstätigkeiten im Rahmen von Euromap leitet und Kommunikationsprotokolle auf die Beine stellt, die von der Industrie vollumfänglich akzeptiert und übernommen werden. Wir sind zuversichtlich, dass die Euromap-Schnittstellen den Wildwuchs an unterschiedlichsten herstellergebundenen Kommunikationsprotokollen beenden. Die haben in unserer Branche nie die kritische Masse erreicht, um einen Branchenstandard zu definieren. Die mit der Standardisierung einhergehende Möglichkeit der Gerätehersteller, sich bei der Entwicklung auf eine stabile und zuverlässige Implementierung von einem universell akzeptierten Standard konzentrieren zu können, bringt unsere Industrie bei den vielen bevorstehenden Aufgaben für datenbasierte Funktionen weiter. 

Mit zunehmender Digitalisierung nimmt auch die Gefahr von Cyberattacken zu. Was ist in puncto Cyber Security zu tun?

Wittmann: Das ist ein grosses Thema für die Kunden. Wir haben bei Wittmann 4.0 eine Firewall integriert. Sie ist im Hinblick auf die typische Nutzung einer Spritzgiesszelle optimiert und sehr restriktive ausgelegt. Standardmässig werden praktisch alle Kommunikations-Ports zur Spritzgiesszelle geschlossen, die nicht für die ursächliche Kommunikation der Spritzgiessmaschine und der angeschlossenen Geräte nach aussen vorgesehen sind. Auch die dezidiert erlaubten Kommunikationen werden laufend auf Plausibilität, die sogenannte Intrusion Detection, überprüft. Sollte das Kommunikationsaufkommen das zu erwartende und typische Datenvolumen überschreiten, könnte möglicherweise ein DoS-Angriff vorliegen. Der wird dann unterbunden. 

Was ist die nächste grosse Herausforderung in der Digitalisierung in Ihrem Unternehmen?

Wittmann: Wir arbeiten kontinuierlich an der Erweiterung unserer intelligenten und adaptiven HiQ-Algorithmen – HiQ-Melt zur Überwachung der Materialqualität und HiQ-Flow für die viskositätsbezogene Kompensation von Temperatur- und Chargeneinflüssen. Einen weiteren Entwicklungsschwerpunkt stellen zukünftige und für unsere Industrie neuartige Konzepte für die Bedienung von Spritzgiessmaschine und Roboter dar. Beispielsweise der Einsatz von Spracherkennung und die Unterstützung von Augmented Reality für die Einblendung von Zusatzinformation und zukünftigen Aktionen. Auch die konsequente Weiterentwicklung unserer Wittmann 4.0 Spritzgiesszellen steht weit oben auf unserer Entwicklungsagenda. 

www.wittmann-group.com

 

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